UNORA
Ihr Name war Dumai, abgeleitet von einem alten Wort für einen Traum, der zu früh endet. Sie wurde in der letzten Glut der Ära des Sonnenuntergangs geboren, als die Tage in der Stadt Antuma wie weicher Honig dahinflossen.
Eines Frühlings passierte eine junge Frau das Stadttor, dorthin geleitet durch einen verbotenen Wunsch.
Sie behauptete, sich an ihre Vergangenheit nicht zu erinnern – nur, dass sie Unora genannt würde. Aufgrund ihrer staubigen Kleidung und schwieligen Hände hätte niemand vermutet, dass ihr Vater einst die Macht besessen hatte, den ganzen Kaiserhof erzittern zu lassen.
Und niemand hätte erraten können, was sie in der Hauptstadt vorhatte.
*
In jenen Jahren war es schwierig, das trockene Hinterland von Seiiki zu bewirtschaften. Seit dem Rückzug der Götter war die Insel von langen Dürreperioden heimgesucht worden. Und fern der wasserarmen Flüsse dürstete der Boden.
Wäre der Gouverneur von Afa ein Mensch wie alle anderen gewesen, hätte er über seinen Posten in dieser staubigen Provinz geklagt. Stattdessen arbeitete er unermüdlich daran, die Felder des Landes zu bewässern. Und jedes Mal, wenn er an den Hof zurückkehrte, erschien er Kaiserin Manai einfallsreicher und fleißiger geworden zu sein. Sie schenkte ihm eine Villa in der Hauptstadt, wo er seine Tochter Unora in die Obhut eines Kindermädchens gab.
Doch Kaiserin Manai war schon lange krank, und ihr Leiden linderte sich nicht. Sie verzichtete vorzeitig auf den Thron, zog sich auf den Berg Ipyeda zurück und ließ ihr einziges Kind zurück, damit es den Thron bestiege.
Obwohl Prinz Jorodu noch jung war, hatte er viel von seiner Mutter gelernt. Seine erste Amtshandlung bestand darin, den Gouverneur von Afa zum Flussherrn von Seiiki zu ernennen. Dafür überging er alle anderen Bewerber auf dieses Amt. Ein Jahr lang war der Gouverneur der vertrauteste und beliebteste Berater des jungen Kaisers.
Daher schockierte es auch niemanden, als er plötzlich verbannt wurde. Man beschuldigte ihn, einen Gott erweckt zu haben, um seine Provinz erblühen zu lassen. Denn es gab eine Familie am Hof, die den Kaiser fest im Griff hatte, und sie duldete niemanden sonst in seiner Nähe. Jedenfalls nicht lange.
*
Ihre Handlanger kamen zu Unora und warfen sie auf die dunkle Straße hinaus. Im Alter von neun Jahren wurde sie zu einer mittellosen Waise. Ihr Kindermädchen brachte sie heimlich aufs Land, und zehn lange Jahre vergaß die Welt sie.
Unora arbeitete auf den Feldern. Sie lernte, die Sonne zu ertragen. Doch ohne die Hilfe ihres Vaters floss das Wasser nicht mehr. Sie pflanzte Hirse, Gerste und Weizen an, gab die Samen in die trockene Erde. Sie lebte mit einer vor Trockenheit brennenden Kehle und einem dumpfen Schmerz in den Knochen. Jeden Abend ging sie zum Schrein auf dem Hügel, dem Schrein des Drachen Pajati, und klatschte.
Eines Tages würde Pajati erwachen. Eines Tages würde er ihre Gebete erhören und der Provinz Regen bringen.
Mit der Zeit vergaß sie ihr Leben in der Hauptstadt. Sie vergaß, wie sich das Rauschen eines Flusses anhörte oder wie es sich anfühlte, in einem kühlen Teich zu baden – ihren Vater jedoch vergaß sie nie. Ebenso wenig vergaß sie, wer sie beide vernichtet hatte.
Die Kuposa, hämmerte sie sich ein.Die Kuposa haben uns zerstört.
In ihrem zwanzigsten Lebensjahr suchte der Tod die Siedlung heim.
Monatelang währte die Dürre in diesem Jahr. Die Feldarbeiter setzten ihre Hoffnungen auf den Brunnen, aber irgendetwas hatte das Wasser verunreinigt. Als ihr altes Kindermädchen erkrankte, blieb Unora an ihrer Seite und erzählte ihr Geschichten – Geschichten von Pajati, dem Gott, dessen Rückkehr sie alle ersehnten.
Die Dorfbewohner scha