Ich hatte überhaupt keinen Bock gehabt, nach Sea Breeze zurückzukehren. Schließlich wusste ich sehr genau, weshalb ich die Stadt hinter mir gelassen hatte … Ich hatte jetzt ein Leben in Tuscaloosa und brauchte das auch dringend, um meiner alten Rolle zu entkommen. Hier in Sea Breeze kannte man mich, Marcus Hardy, wohin ich auch ging. Kannte meine Familie. Und … sprach über sie.
In solch einer Situation konnte ich meine Mutter und meine Schwester nicht im Stich lassen, und deswegen war ich schweren Herzens nach Hause gekommen. Der große Skandal schwebte wie eine dunkle Wolke über uns und stellte all meine Entscheidungen infrage – und, was am schlimmsten war, auch meine Freiheit. Bis jetzt hatten nur wenige Personen davon erfahren, aber es war alles nur eine Frage der Zeit. Bald würde ganz Sea Breeze wissen, was mein Dad tat – oder besser gesagt: mitwem.
König des Mercedes-Handels an der Golfküste – dieser Titel hatte genügt, um eine kleine geldgeile Schlampe dazu zu bringen, mit meinem lieben Vater in die Kiste zu hüpfen.
Schon als ich die Ehezerstörerin zum ersten Mal hinter dem Schreibtisch vor dem Büro meines Vaters sitzen sehen hatte, hatte ich gespürt, dass etwas nicht stimmte. Sie war blutjung, verflucht heiß und ganz offensichtlich scharf auf Geld.
Dad war seiner Hormone nicht Herr geworden, und jetzt mussten meine Mom und meine Schwester mit dem Stempel leben, den sie deswegen aufgedrückt bekommen hatten. Bestimmt würde Mom den Leuten leidtun. Ach, die Sache setzte ihr jetzt schon wahnsinnig zu – und sie wusste noch nicht einmal, dass Dads Geliebte fast noch ein Teenie war. Meine jüngere Schwester hatte die beiden spätabends in flagranti erwischt, als Mom sie ins Büro geschickt hatte, um Dad sein Abendessen vorbeizubringen. An diesem Abend hatte sie mich hysterisch weinend angerufen, und ich hatte mich sofort vom College abgemeldet, meine Sachen gepackt und war nach Hause gefahren. Eine andere Option bestand nicht. Meine Familie brauchte mich.
Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinem Gedankenstrudel. Ich stand auf, um nachzusehen, welche Schnitte dieses Mal auf der Suche nach Cage war. Mein Mitbewohner war eben nicht nur, was sein Baseballteam anging, ein echter Player und hatte wirklich einen beeindruckenden Verschleiß an Frauen. Er ließ selbst meinen besten Freund Preston alt aussehen. Ohne durch den Türspion zu sehen, drehte ich am Knauf und öffnete die Tür.
Uff. Was für eine Überraschung! Innerlich hatte ich mich darauf eingestellt, einer großen, gertenschlanken und halb nackten Frau mit riesigen künstlichen Brüsten sagen zu müssen, dass Cage gerade mit einer anderen zugange war, die ungefähr genauso aussah wie sie. Stattdessen stand eine rothaarige, ziemlich kurvige Frau vor mir. Ihre Augen waren blutunterlaufen und ihr Gesicht tränenüberströmt. Dennoch konnte ich keine Mascaraspuren auf ihren Wangen entdecken. Das Haar hatte sie nicht gestylt, sondern zu einem schlichten Pferdeschwanz zurückgebunden. Außerdem trug sie Jeans und ein original »Back in Black«-T-Shirt vonAC/DC. Nein, hier lenkte kein Bauchnabel den Blick auf einen flachen, gebräunten Bauch. Und hauteng waren die Klamotten auch nicht. Na ja, die Hose saß schon relativ knapp, umspielte ihre Hüften aber sehr vorteilhaft. Als ich den kleinen zerbeulten Koffer entdeckte