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Ihre Träume und Ziele waren unkompliziert und überschaubar. Als Kind eines Soldaten hatte Morgan Albright von klein auf in verschiedenen Ländern und auf mehreren Kontinenten gelebt. Wegen des Berufs ihres Vaters hatte sie nie richtig Wurzeln schlagen können, denn sie war häufig verpflanzt worden. Von einer Militärbasis zur anderen, von einem Haus, einem Bundesstaat, einem Land zum nächsten. Bis sie vierzehn war und ihre Eltern sich scheiden ließen.
Sie hatte kein Mitspracherecht.
In den ersten drei Jahren nach der Scheidung war ihre Mutter ebenfalls ständig mit ihr umgezogen. Mal in eine Kleinstadt, mal in eine Großstadt, auf der Suche nach … Ja, wonach eigentlich? Morgan war das nie so recht klar geworden.
Mit siebzehn, fast achtzehn beendete sie diesen Zustand der Entwurzelung, indem sie aufs College ging. Dort arbeitete sie an ihren Zielen, Träumen. Sie lernte eifrig und machte zwei Abschlüsse – in Wirtschaftswissenschaften und in Hotelmanagement. Das versetzte sie in die Lage, ihren größten Traum wahr zu machen: Wurzeln zu schlagen. Ein Zuhause zu schaffen. Eine eigene Firma zu gründen.
Auf eigenen Beinen zu stehen.
Sie prüfte Landkarten, Stadtviertel und Klimazonen, um die Auswahl einzuengen. Mit dem Ziel, herauszufinden, wo sie sich nach dem Studium niederlassen sollte. Sie stellte sich eine nette Nachbarschaft vor, möglichst in einem historischen Viertel, in der Nähe zu Geschäften, Restaurants, Bars und anderen Menschen.
Eines Tages würde sie nicht nur ein eigenes Haus, sondern auch ihre eigene Bar besitzen.
Klare Ziele.
Die Tinte auf den Abschlusszeugnissen war kaum getrocknet, da war sie auch schon an den Stadtrand von Baltimore, Maryland, gezogen. Alte Häuser mit Gärten in einer Gegend, die noch nicht gentrifiziert und daher erschwinglich war.
Sie hatte sich ihr Studium selbst finanziert, indem sie erst gekellnert und ab ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr als Barkeeperin gejobbt hatte. Dabei hatte sie stets Geld zur Seite gelegt.
Ihr Vater, inzwischen Oberst, schaffte es nicht zu ihrer Abschlussfeier. Obwohl sie mit Auszeichnung bestanden hatte, gab es keinerlei anerkennende Worte von seiner Seite. Das hatte sie nicht weiter erstaunt. Im Grunde hatte sie bereits aufgehört, für ihn zu existieren, als die Scheidung ausgesprochen worden war.
Aber ihre Mutter und ihre Großeltern mütterlicherseits waren gekommen. Morgan konnte damals nicht ahnen, dass sie ihren Großvater das letzte Mal sehen würde. Der robuste Siebzigjährige, ein sportlicher, gesunder Mann, starb im Winter nach ihrem Abschluss. Er stürzte von einer Leiter. Ein falscher Schritt – alles vorbei.
Eine Lektion, die sich Morgan trotz ihrer Trauer zu Herzen nahm.
Ihr Großvater hinterließ ihr zwanzigtausend Dollar und wertvolle Erinnerungen wie die an gemeinsame Wanderungen in den Green Mountains Vermonts. Das Geld aus dem Erbe ermöglichte Morgan den Umzug von ihrem winzigen Apartment in ein kleines Haus. Ein eigenes Haus, renovierungsbedürftig, aber mit einem Garten, in dem es ebenfalls viel zu tun gab. Die drei kleinen Zimmer und zw