: Susanne Goga
: Glasgow Girls Roman
: Diana Verlag
: 9783641264307
: 1
: CHF 8.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Glasg w 1892 - Als die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Olivia die Chance erhält, an der berühmten School of Art zu studieren, glaubt sie, am Ziel ihrer Träume zu sein. Doch sie ist nicht vorbereitet auf die für sie fremde Welt und die Intrigen, in die sie gerät. Dank einer einflussreichen Mäzenin setzt Olivia aber wagemutig und lebenshungrig ihren Weg als Designerin fort. Und sie lernt Gabriel kennen, einen schillernden Künstler aus London. Sein gut gehütetes Geheimnis gefährdet jedoch die tief empfundenen Momente des gemeinsamen Glücks ...

Susanne Goga wurde 1967 in Mönchengladbach geboren und lebt dort bis heute. Die renommierte Literaturübersetzerin und Autorin reist gern - mit Vorliebe auch in die Vergangenheit. Das spiegelt sich in ihren überaus erfolgreichen historischen Romanen wider. Für die Kriminalreihe um Leo Wechsler taucht sie ein ins Berlin der 1920er-Jahre, für den Diana Verlag begibt sie sich immer wieder ins geschichtsträchtige 19. Jahrhundert. Die Künstlerinnen in Glasgow, die dort in jener Zeit ein kreatives Forum gründeten und in ganz Europa berühmt wurden, waren Inspiration für ihren neuesten Roman.

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Ma und Jamie hatten ihr zum Geburtstag ein Lied gesungen. Die Augustsonne schien, es gab Drop Scones zum Frühstück, ein ungeheurer Luxus, sogar mit Butter und Marmelade, und Olivia hätte ein schlechtes Gewissen bekommen, wären sie nicht so lecker gewesen. Jamie schenkte ihr Haarbänder für die Zöpfe, er war rot im Gesicht und verlegen, weil es Mädchenkram war, und sie drückte ihren Bruder an sich. Er roch nach frischem Holz, ganz anders als Pa, bei dem der Gestank nach Chemie alles überlagert hatte.

Ma hatte ihr eine neue Schürze genäht, um das gute Kleid zu schonen, und ein Taschentuch mit ihrem Monogramm bestickt:OML. Das sah richtig elegant aus. Sie hatten zeitig gefrühstückt, da Ma ihre Näharbeiten abliefern und Jamie pünktlich in der Tischlerwerkstatt erscheinen musste.

Nur Olivia hatte den Tag für sich, weil Sommerferien waren. Sobald sie den Haushalt versorgt hatte, lockte die Freiheit: Sie konnte auf den Dachboden steigen und zeichnen oder in die Necropolis gehen und Blumen sammeln, die sie pressen und zu Mustern ordnen wollte. Oder sie konnte noch weiter nach Westen spazieren, vorbei an der Kathedrale bis in die Innenstadt mit den verlockenden Geschäften und den großen Häusern.

Sie spülte das Geschirr, fegte den Boden, räumte den Bettschrank in der Küche auf, klappte Jamies Feldbett zusammen und schob es ordentlich in eine Ecke. Die Wohnung bestand nur aus Küche und Zimmer, und sie waren zu dritt, was das Leben beengt machte.

Olivia wanderte mit dem Besen in der Hand durchs Zimmer mit dem Erker. Das große Fenster, vor dem der Nähtisch ihrer Mutter stand, machte es schön hell. Die Nachbarn hatten getuschelt, als Mary MacLeod ihr großes Ehebett an ein irisches Ehepaar verkauft hatte. Lange hatte sie nicht gewartet, Pa war erst wenige Wochen tot gewesen.

Ma hatte es beim Abendbrot verkündet. »Ich verkaufe unser Bett.«

Olivia hatte sich nichts dabei gedacht, doch Jamie war entsetzt gewesen. »An fremde Leute? Wie kannst du das tun?«

Worauf Ma ihn strafend angesehen hatte. »Weil ich dann im Bettschrank mehr Platz für die Nähsachen habe und im Zimmer vielleicht sogar Kundinnen empfangen kann. Weil ich mehr Geld verdienen muss, damit wir in Dennistoun bleiben können. Euer Vater hat in der Fabrik gearbeitet, damit wir uns hier eine Wohnung nehmen konnten. In einem anständigen Viertel. Ich weiß nun kaum, wie ich die Wohnung halten soll. Aber wenn wir das hier verlieren, enden wir in Cowcaddens oder Calton.«

Da hatte Olivia verstanden, dass man manchmal etwas opfern musste, um etwas anderes zu retten. Dass es wichtiger war, fernab der Elendsviertel zu leben, in einer Wohnung, für die Pa alles gegeben hatte, statt sich an ein übergroßes Bett zu klammern.

Sie hatte vorsichtig die Hand der Mutter berührt und gespürt, wie diese sich en