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Die Menschen waren nicht so distanzlos, die Kinder nicht so laut und die Sommer nicht so heiß. Das waren die größten Unterschiede zwischen Deutschland und Schweden – und ein Grund, weshalb er sich entschieden hatte, hier zu leben. Den dritten Punkt schien das Land seiner Kindheit in den letzten Wochen allerdings ein für alle Mal widerlegen zu wollen. DasFalunröd, das Schwedenrot, mit dem er sein Haus strich, war dermaßen zäh, dass er Mühe hatte, die Farbe gleichmäßig auf den Wänden zu verteilen. Auf der Flüssigkeit im Eimer hatte sich eine feste Schicht gebildet.
Frederik Forsberg wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn. Das T-Shirt, das er zum Streichen angezogen hatte, war durchgeschwitzt, und sogar die alte Jeans, die bereits etliche rote Flecken zierten, fühlte sich feucht an. Der Kleber der Kreppstreifen, mit denen er die Tür- und Fensterrahmen und die Hauskanten abgeklebt hatte, war ausgetrocknet; die Streifen lösten sich vom Holz und rollten sich auf. Er würde das alles noch einmal neu machen müssen, wenn die Rahmen, die er sorgfältig abgeschliffen hatte, nichts von dem eisenhaltigen Schwedenrot abbekommen sollten. Sonst würde er später dicke Schichten weißer Farbe auftragen müssen, um das Rot zu überdecken.
Das Haus war in einem desolaten Zustand, nachdem er in den letzten drei Jahren kaum hier gewesen war. Der Frost hatte seine Spuren ins Holz gefressen, die Bretter der Terrasse waren morsch geworden, und ein Sturm hatte das Dach beschädigt. Eine der schlanken Birken war entwurzelt worden und hatte den Verschlag für das Brennholz zum Einsturz gebracht. Der Wald reichte bis an die Grundstücksgrenze heran. Das Haus lag am Ende einer Sackgasse, so abgeschieden und still, wie man es sich nur wünschen konnte.
Es war der Ort, an dem er sein inneres Gleichgewicht wiederfand, wenn ihn die Erinnerungen plagten – an den Tod seiner Partnerin, an die aufreibenden Ermittlungen der letzten Jahre und an seine Enttäuschung, als das Urteil gesprochen worden war.
Eine Fliege umschwirrte seinen Kopf. Frederik verscheuchte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung, mit der er zugleich die Bilder zu vertreiben versuchte, die sich ihm aufdrängten. Das Blitzlichtgewitter, als er auf den Platz vor dem Göteborger Gerichtsgebäude trat, die Fragen der Reporter, die auf ihn einprasselten. Ob sie Fehler gemacht hätten? Wie sonst könnte es sein, dass der Kopf einer Organisation, die illegal russische Waffen über Schweden in den Nahen Osten verschiffte, freigesprochen wurde? Dass sie den Ring geknackt und etliche Verurteilungen erreicht hatten, verblasste daneben. Ausgerechnet Arvid Ekström, Eigentümer der Spedition Göta Trans und mutmaßlicher Drahtzieher des Waffenschmuggels, hatte den Gerichtssaal als freier Mann verlassen. Auf dem Weg nach draußen war er kurz neben Frederik stehen geblieben.
Sie werden das bereuen.
Nur diese vier Worte, ruhig und emotionslos ausgesprochen. Frederik war ein Schauer über den Rücken gelaufen.
Danach hätte er dem Land am liebsten den Rücken gekehrt. Seine Großeltern in Kiel hätten sich gefreut. Während der internationalen Ermittlungen hatte er wieder bei ihnen gewohnt, in demselben Zimmer, in dem er auch seine Jugend verbracht hatte, und sie alle hatten die gemeinsame Zeit genossen. Aber es gab einen wichtigen Grund, in Schweden zu bleiben.
Emma.
Frederik lächelte, als er an sie dachte, während er das Holz weiter mit dem breiten Pinsel bearbeitete. Gerade hatte er ihn erneut in den Farbeimer getaucht, als das Telefon in seiner Hosentasche vibrierte.
Fluchend steckte er den Pinsel zurück. Er wickelte sich einen Stofflappen um die Finger, ehe er das Smartphone hervorzog, um es nicht zu beschmutzen. Tausendfach ausgeführte Routine eines Ermittlers, der daran gewöhnt war, Beweisstücke zu sichern. Mit dem abgespreizten kleinen Finger wischte er über das Display, auf dem der Name des Anrufers stand.
»Hej, Birger.«
»Frederik.« Der Chef seiner alten Abteilung klang ernst. »Ich habe schlechte Nac