: Kristin Harmel
: Solange am Himmel Sterne stehen Roman
: Blanvalet
: 9783641094775
: 1
: CHF 7.30
:
: Erzählende Literatur
: German
: 480
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Liebe so unvergänglich wie die Sterne am Himmel ...
Rose McKenna liebt den Abend. Wenn am Himmel über Cape Cod die ersten Sterne sichtbar werden, erinnert sie sich - an die Menschen, die sie liebte und verlor, und von denen sie nie jemandem erzählte. Doch Rose weiß, dass es bald zu spät sein wird, denn sie hat Alzheimer. Bald wird niemand mehr an das junge Paar denken, das sich einst die Liebe versprach ... 1942 in Paris. Als sie ihre Enkelin Hope bittet, nach Frankreich zu reisen, ahnt diese nichts von der herzzerreißenden Geschichte, die sie dort entdecken wird - von Hoffnung, Schmerz und einer alles überwindenden Liebe ...

In dieser wunderschönen Familien- und Liebesgeschichte spielt das Backen eine große Rolle. Passend dazu finden Sie 21 zusätzliche Rezepte der Autorin im exklusiv als E-Book erscheinenden 'Himmlische Sterne und andere Köstlichkeiten'.

Kristin Harmel ist Autorin und Journalistin. Ihre BestsellerSolange am Himmel Sterne stehen,Über uns der HimmelundHeute fängt der Himmel anwaren in Deutschland große Erfolge und verzauberten auch weltweit viele Leserinnen. Auch ihr neuester RomanEin Ort für unsere Träume erzählt wieder eine bewegende Geschichte von Liebe und Verlust. Kristin Harmel lebt mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn in Orlando, Florida.

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Die Straße vor dem Bäckereifenster liegt still und schweigend da, und in der halben Stunde genau vor Sonnenaufgang, während ein leichter Schimmer der Morgenröte am Horizont sichtbar wird, könnte ich fast glauben, der einzige Mensch auf der Welt zu sein. Es ist September, eineinhalb Wochen nach dem Labor Day, was in den kleinen Städten auf und ab am Cape Cod bedeutet, dass die Touristen nach Hause gefahren sind, die Bostoner ihre Ferienhäuser für die Saison mit Brettern vernagelt haben und auf den Straßen die einsame Stimmung eines unruhigen Traums herrscht.

Die Blätter draußen haben sich zu färben begonnen, und ich weiß, in ein paar Wochen werden sie die gedämpften Töne des Sonnenuntergangs annehmen, auch wenn die meisten Leute nicht hierherkommen, um sich das Herbstlaub anzusehen. Die Laubgucker werden nach Vermont, nach New Hampshire oder in die Berkshires im westlichen Teil unseres Bundesstaats fahren, wo die Eichen und Ahornbäume die Welt in feurigem Rot und leuchtendem Orange malen. Aber in der Stille der Nebensaison am Cape wird sich der wogende Strandhafer golden verfärben, während die Tage kürzer werden; die Vögel, die von Kanada nach Süden ziehen, werden in großen Scharen hier rasten; die Sümpfe werden zu Aquarell-Pinselstrichen verblassen. Und ich werde, wie ich es immer tue, durchs Fenster der Nordstern-Bäckerei dabei zusehen.

Seit ich mich erinnern kann, habe ich mich an diesem Ort, dem Geschäft meiner Familie, stets mehr zu Hause gefühlt als in dem kleinen gelben Cottage in der Nähe der Bucht, in dem ich aufgewachsen bin, dem Zuhause, in das ich jetzt, nach dem Vollzug meiner Scheidung, zurückziehen musste.

Scheidung. Das Wort klingt mir in den Ohren, unablässig, und ich fühle mich wieder einmal wie eine Versagerin, während ich in einem Balanceakt versuche, mit einem Fuß die Ofentür zu öffnen und gleichzeitig zwei riesige Bleche mit Zimttörtchen zu manövrieren und den Verkaufsraum der Bäckerei im Auge zu behalten. Ich schiebe die Törtchen in den Ofen, nehme ein Blech mit Croissants heraus und schließe die Tür mit der Hüfte. Dabei geht mir wieder einmal der Gedanke durch den Kopf, dass alles haben zu wollen nur heißt, dass man immer alle Hände voll zu tun hat. In meinem Fall im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich wollte so gern verheiratet bleiben, Annie zuliebe. Ich wollte nicht, dass meine Tochter in einem Zuhause aufwächst, in dem ihre Eltern ihr keine Sicherheit geben können, so wie es mir als Kind ergangen ist. Ich wollte mehr für sie. Aber das Leben läuft eben nie so, wie man es plant, oder?

Die Ladenglocke bimmelt in dem Augenblick, als ich die blättrigen, buttrigen Croissants vom Backblech nehme. Ich werfe rasch einen Blick auf die Zeitschaltuhr an dem zweiten Ofen; die Vanilleküchlein müssen in knapp sechzig Sekunden raus, sodass ich nicht rechtzeitig in den Verkaufsraum kommen werde.

»Hope?«, ruft eine tiefe Stimme von vorn. »Bist du da hinten?«

Ich seufze erleichtert auf. Wenigstens ein Kunde, den ich kenne. Nicht dass ich nicht fast jeden kenne, der in dieser Stadt zurückbleibt, nachdem die Touristen nach Hause gefahren sind.

»Komme gleich, Matt!«, rufe ich.

Ich streife meine Ofenhandschuhe über, die leuchtend blauen mit den aufgestickten Törtchen an den Rändern, die Annie mir letztes Jahr zu meinem fünfunddreißigsten Geburtstag geschenkt hat, und nehme die Vanilleküchlein aus dem Ofen. Ich atme tief ein, und der zuckersüße Duft versetzt mich für einen Moment zurück in meine eigene Kindheit. Meinemamie – die französische Bezeichnung für »Oma« – hat die Nordstern-Bäckerei vor sechzig Jahren gegründet, ein paar Jahre nachdem sie mit meinem Großvat