Kapitel 1
April 1863
Burgtheater am Michaelerplatz
Sind Sie zufrieden?« Wie immer nach dem Frisieren bleibe ich hinter Zerline Gabillon stehen und senke demütig den Blick.
Ein goldener Spiegel. Davor eine Diva mit Lampenfieber, hinter ihr ich. Das ist, wie ich weiß, eine hochexplosive Mischung.
Und eigentlich erübrigt sich meine Frage, es ist nämlich viel zu spät für Änderungen an der Frisur, selbst wenn die Gabillon unzufrieden wäre. Die Vorführung beginnt in zehn Minuten, sie spielt die Hauptrolle, und sie steckt noch nicht einmal in ihrem Kostüm. Sie muss das Ergebnis meiner Arbeit also hinnehmen, das weiß sie so gut wie ich.
Aber es gibt auch nichts daran auszusetzen. Ich habe in den vergangenen drei Stunden alles gegeben, was in meiner Macht steht, um die widerspenstige Mähne der Schauspielerin in einen wahren Traum von Frisur zu verwandeln. Ihr ehemals fahlrotes Haar habe ich mit einem Sud aus Walnussschalen getönt. Die glanzlose, borstige Krause habe ich mit einem heißen Eisen zu einer fließenden Pracht geglättet und mir dabei mehrfach die Finger verbrannt, während die schöne Zerline bequem auf ihrem Frisiersessel thronte und die Briefe ihrer Verehrer las. Und obwohl mein Rücken sich bereits nach einer Stunde anfühlte, als würde er in der Mitte zerbrechen, habe ich die Haare anschließend aufwendig geflochten, mit künstlichen Haarteilen aufgepolstert und zu einer raffinierten neuen Frisur hochgesteckt, für die ich seit Wochen jeden Abend am Kopf meiner protestierenden Schwester geübt habe.
Die Mühe hat sich mehr als gelohnt, das sehe ich im Spiegelbild, als ich den Blick hebe. Das Haar der Gabillon glänzt im Kerzenlicht wie Rosenholz. Ihre nicht sehr hohe Stirn wird durch eine geflochtene Haarkrone optisch gestreckt, sodass ihre missmutige Miene auf einmal geradezu edel wirkt. Und sogar die scharfe, hakenförmige Nase der Diva, die normalerweise wie der Schnabel eines Geiers hervorragt, erscheint durch die weich fallenden Seitensträhnen mit einem Mal stolz und aristokratisch.
Trotzdem muss ich natürlich ergebenst um eine Beurteilung meines Werkes bitten, das gehört sich so. Zerline Gabillon ist die derzeit berühmteste Hofschauspielerin des kaiserlichen Burgtheaters – und ich bin, nun ja, Fanny.
Eine insgeheim sehr stolze Fanny allerdings. Meine im Kerzenlicht fast schwarzen Augen sprühen vor Freude über meine Leistung, auch das verrät mir das Spiegelbild, und schnell senke ich den Blick wieder. Es ist nicht gut, Zerline Gabillon durch Selbstbewusstsein zu provozieren. Sie hat klare Vorstellungen, was dem Personal zusteht. Gute Laune gehört nicht dazu.
Wie immer lässt sich die Diva mit ihrer Antwort Zeit. »Nun …«, beginnt sie schließlich, hält aber noch einmal inne und beugt sich vo