: Nicola Bardola
: Jack Kerouac: Beatnik, Genie, Rebell Die Biografie
: Goldmann
: 9783641288877
: 1
: CHF 13.40
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: Biographien, Autobiographien
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jack Kerouac ist der erste Popliterat der weltweiten Literaturgeschichte, einflussreichster Vertreter der amerikanischen Beat-Generation und zugleich ihr Namensgeber. Im Zentrum seines literarischen Schaffens stehen existentielle Rastlosigkeit, Lebenshunger, Freiheitsdrang, Visionen von und die Suche nach Erleuchtung und einem besseren und helleren Leben, das im wirklichen vom Alkohol zerstört wurde. Kerouac wurde 1922 in Lowell, Massachusetts, geboren und starb 1969 in Florida. Sein umfangreiches Werk umfasst Romane, Gedichte, Tagebücher, Theaterstücke, Briefe, Essays und Gemälde; seine Bedeutung für spätere Schriftsteller wie Thomas Pynchon oder T.C. Boyle und Künstler wie Patti Smith oder Johnny Depp ist noch heute groß und zeigte sich erneut besonders deutlich, als Bob Dylan 2016 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Kerouacs erste deutschsprachige Biografie anlässlich seines 100. Geburtstages im März 2022 zeichnet nicht nur den Lebensweg des legendären Beatniks nach, sondern beschäftigt sich auch mit der ihm so eigenen Sprache, dem Misserfolg seines Debüts »The Town and the City«, den stilistischen Veränderungen vom Frühwerk hin zum Durchbruch mit »On the Road« -demManifest der Beat Generation - sowie seinen posthum veröffentlichten Werken.

Nicola Bardola, 1959 in Zürich geboren, studierte Germanistik und lebt seit 40 Jahren in und um München. Der Literatur- und Musikkritiker veröffentlichte vielbeachtete Biografien u.a. über Yoko Ono, John Lennon und Ringo Starr.

BIS IN DIE ZEHENSPITZEN


Jean-Louis Lebris de Kérouac wird in Lowell, Massachusetts, am 12. März 1922 in der Lupine Road 9 geboren. Das Haus mit Holzfassade, einer Veranda und einem großen Balkon im ersten Stock ist heute frisch in Hellbraun gestrichen. Eine blaue Ehrenplakette ist daran befestigt und trägt die Aufschrift: »Centralville Preservation Trust – Jack Kerouac – Birthplace – b. 1922 – Lowell Historic Board.« Kein anderer Ort wird in der kleinen Stadt am Merrimack River mit seinen etwa 115 000 Einwohnern öfter von Touristen besucht.

Die Hausgeburt verläuft problemlos im Elternschlafzimmer im oberen Stockwerk. Jean-Louis ist das dritte von drei Kindern. In der lokalen Presse erscheinen zwei Anzeigen, eine auf Englisch, die andere auf Französisch: »Le 12 mars à M. et Mme. Leo A. Keroack, 9 Lupine Rd, un fils.« Im Englischen verändert sich Keroack zu Keroach: »March 12, to Mr. And Mrs. Leo A. Keroach, 9 Lupine road, a son.« Nur Vater Leo wird, wie damals üblich, genannt, der Vorname der Mutter Gabrielle wird unterschlagen. Und der hier noch namenlose Spross wird dreißig Jahre später der berühmteste Sohn der Stadt Lowell sein und es bis heute bleiben. All seine Bücher publiziert er seit Erscheinen seines berühmtesten RomansOn the Road im Jahr 1957 unter dem Namen Jack Kerouac. Er selbst bezeichnet sich gerne als Jean-Louis Lebris de Kérouac, um auf eine möglicherweise adlige Abstammung vom Baron François Louis Alexandre Lebris de Kerouac aus der Bretagne hinzuweisen. In der Geburtsurkunde steht schlicht Jean Louis Kirouac.

Im Jahr 2009 veröffentlicht die französische Familienforscherin Patricia Dagier gemeinsam mit dem Journalisten Hervé Quéméner in Frankreich das BuchJack Kerouac – Breton d’Amérique, worin die beiden minutiös Jack Kerouacs Herkunft erkunden. Demnach stammt Jack Kerouac (»der Bretone aus Amerika«) väterlicherseits von Urbain-François Le Bihan, Sieur de Kervoac ab. Urbain ist ein Händler aus der Mittelschicht in der Bretagne, der 1727 nach Kanada auswandert. In Québec zeugt er mit Luise Bernier einen unehelichen Sohn, der 1732 geboren wird. Danach gründet Urbain mit Luise eine kinderreiche Familie, die direkten Vorfahren Jack Kerouacs. Dabei tauchen in den verschiedenen Katastern zahlreiche Varianten des Namens auf, u. a. Carouch, Caroack, Querouac, Querouec, Quarouac, Karoüac, Karoüack, Karouäc, Kyrouac, Kyroique, Kéroack, Kervoach, Kerouacq oder Kerrouack.

Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts reisen mehrfach Vorfahren Jack Kerouacs von Kanada nach Frankreich, um Kontakt mit der wohlhabenden Familie des Marquis de Kerouartz aufzunehmen. Ziel ist es, eine Verwandtschaftsbeziehung nachzuweisen und dabei in den Genuss etwaiger Erbschaften zu kommen. Zu diesem Zweck wird sogar ein bretonischer Genealoge beauftragt, der den kanadischen Kerouacs bescheinigt, mit den französischen Kerouartz verwandt und selbst von vornehmer bretonischer Abstammung zu sein. Die Bemühungen führen zwar zu interessanten Reiseerlebnissen, aber die Absichten scheitern, von den Kerouartz als Verwandte akzeptiert oder gar mit einem Erbe bedacht zu werden.

Jack Kerouac ist dennoch stolz auf seine Familiengeschichten. Sein französischer Taufname Jean-Louis erinnert an die Vorfahren mütterlicherseits. Seine Großmutter in Québec war halb Indianerin und trug den Familiennamen »Jean«. Ihren Sohn, Jacks Onkel, nannten sie Louis. Wie später Jack hatte Louis dunkles Haar und ausgeprägte Wangenknochen. Vater Leo erzählt Jack wiederum, dass er ein Nachfahre Kornisch sprechender Kelten und Aristokraten sei. Aus Irland seien vor Urzeiten die »Kerouac’hs«, wie man sie keltisch schreibt, nach Cornwall ausgewandert. »Kerouac’h« be