Die Zweierdelegation nahm sich die zweite Woche in Deutschland, als der schwarze Freitag kam. Es war der 19. Februar 1988 ein Zahltag, an dem Menschen, so einige Schwestern, in der Barclay's Bank Schlange standen, um ihre Gehaltschecks gegen bares Geld einzulösen. An den Schaltertheken schoben sie noch die Querformate mit den aufgedruckten Zahlen von Datum und Geldbetrag und den beiden Unterschriften durch den Spalt unter der dick verglasten Trennwand mit dem Sprechloch weiter oben und bekamen dafür die bunteren, oft nachgeahmten Scheine mit den Münzen hinter dem Komma zurück, steckten das Gewechselte in Taschen weg, als sieben vor eins die ganze Bank in die Luft flog. Die Riesenladung Dynamit hatte das Dach hoch katapultiert, die Seitenmauern weggesprengt und vierunddreissig Menschen in den Tod gerissen. Es gab eine grosse Zahl an Verletzten und Schwerverletzten, die wie auf einem laufenden Fliessband gebracht wurden mit Verbrennungen, zerschmetterten und abgerissenen Armen und Beinen, zerrissenen Gesichtern, Armen, Händen und Füssen. Schwestern und Ärzte legten Infusionen, machten Wiederbelebung dort, wo das Leben zu kippen drohte, machten Verbände, wo eine Operation nicht erforderlich war. Da kamen die Patienten in den Sälen auf den Boden, denen es besser ging, um Betten für die Verletzten freizumachen. In allen Op-Räumen wurde operiert, sogar Dr. Ruth, die Gynäkologin, stieg da mit ein, und operierte Dinge, die sie noch nie getan hatte. Einige der Verletzten waren durch die Verbrennungen fürchterlich entstellt. So kam eine Frau im 'theatre 2' auf den Op-Tisch, der das verbrannte Gesicht zu einem Mondgesicht aufgequollen war, das es unmöglich machte, ihr Alter zu schätzen. Sie hatte weitere Verbrennungen an den Armen, über Brustkorb und dem Rücken. Die Gewalt der Explosion hatte ihr den rechten Unterschenkel abgerissen. Die Schwestern sagten, dass sie Sarah sei, eine junge Schwesternhelferin, die vor dem Gang zur Bank eine hübsche, junge Frau gewesen war. Ihr schnitt Dr. Ferdinand im Schnellverfahren den Rest des Beines ab und nähte die überhängenden Weichteillefzen über dem kurzen Oberschenkelstumpf zusammen. Dann versorgte er die vielen Risswunden im Gesicht, an Armen und Händen und legte die Verbände an, die den grösseren Teil des Körpers bedeckten. Ihr wurde das Leben gerettet auf Kosten der Lebensqualität. Für Sarah sollte ein anderes Leben beginnen, von dem sie noch nicht geträumt hatte. Auch der neue Chirurg, der nun nicht mehr so neu war, versorgte im 'theatre 3' Brandwunden und machte Amputationen an Fingern und Füssen. Die Schwestern rannten, wischten den Boden, räumten die gebrauchten Instrumente in die Siebe zurück und brachten neue, verpackte Instrumentensets, wechselten Sauerstoffflaschen und füllten die Narkosegeräte mit flüssigem Lachgas auf. In der Desinfektionsabteilung wurden die Instrumente blutfrei gebürstet, neu verpackt und mit Volldampf sterilisiert. Es war die Not, die alle im Teamgeist vereinte, und keiner nahm Notiz von den durchschwitzten, grünen Hemden und Hosen. Not war der grosse Meister, der jegliches Nörgeln und Zaudern verbot. Alle steigerten sich bis zur obersten Leistungsgrenze, verschütteten ihr Adrenalin, mit dem sie sonst vorsichtiger umgingen. So war die Erschöpfung, die alle nach sechs Stunden befiel, als der letzte Verletzte das 'theatre' verliess, ein Beweis für die aussergewöhnliche Anstrengung und Leistung. Der schwarze Freitag nahm seine zweite Tücke. So gingen schlagartig alle Lichter aus, als sich Dr. Ferdinand im Umkleideraum den Schweiss vom Körper rieb und dabei war, sich das Zivile überzuziehen. Warum das noch dazukommen musste, das wusste er in diesem Augenblick nicht und bekam es auch später nicht heraus, als das Anlegemanöver schon Jahre zurücklag. Der schwarze Kinderarzt als der amtierende Superintendent und ärztliche Direktor in einer Person erschien vor der Ausgangstür des 'theatre', als Dr. Ferdinand das 'theatre' verliess. Draussen, als er auf ihn stiess, stellte der amtierende Superintendent banal fest, dass da ein"power cut" sei, den ein Schaden am Hauptkabel verursachte, was nicht mehr banal, sondern völlig unverständlich war. Da war Glück im zweiten Unglück, dass die Verletzten versorgt waren, bevor der Stromausfall das ganze Hospital befiel und lahmlegte. Da ging nun nichts mehr, und auch in der Nacht sollte es dunkel im 'theatre', dem 'Outpatient department' und in den Sälen bleiben.
Die beiden Sterilisatoren hatten den Dampf und Geist aufgegeben, und die Schwestern dort räumten und bürsteten die Instrumente im Dämmerlicht sauber, so gut da noch sauber zu bürsten war. Ein Unglück kommt selten allein, eine Lebensweisheit, die sich hier an diesem Nachmittag