: Ines Roth
: Julias Insel Roman
: Diana Verlag
: 9783641267377
: 1
: CHF 2.60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Julia hat ihren reichen Stiefvater Gert nie leiden können. Seinetwegen musste sie die geliebte Heimatinsel in der Nordsee verlassen. Jahre später stellt der Tod ihrer Mutter Julias und Gerts Leben völlig auf den Kopf. Aus gegenseitiger Abneigung wird ein liebevolles Vater-Tochter-Verhältnis und sie fahren zusammen auf Julias Insel. Im Haus ihrer Großmutter zwischen den alten Obstwiesen hört sie das Meer rauschen, atmet seinen Geruch. Und sie begegnet Jan Brahe wieder, Bürgermeister, Kindheitsfreund und Großer-Bruder-Ersatz. Bis sie begreifen, dass aus unbefangener Freundschaft eine große Liebe wird, müssen beide noch allerhand Umwege gehen ...

Ines Roth ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die schon sehr erfolgreiche Romane geschrieben hat. Sie lebt in München und auf Amrum, wobei die hier beschriebene Insel fiktiv ist.

1

Der Mann hielt Julia in den Armen und küsste sie. Julia liebte ihn nicht, sie war nur ein bisschen in ihn verliebt, und das ganz frisch, und sie wusste jetzt schon, dass sie nicht mit ihm hätte ins Bett gehen sollen. Andere konnten das, einfach so. Sie nicht. Bei ihr nahm es immer ein schlechtes Ende. Aber sie war schon lange nicht mehr mit einem Mann zusammen gewesen, und ihre Sehnsucht nach Küssen und Umarmungen war groß. Also küsste sie ihn auch, genoss seine Wärme und wünschte sich, er würde sie nie wieder loslassen.

Der Mann hieß Marc. Er ließ sie los.

»Was ist?«

»Ich kann nicht. Ich kann mich nicht konzentrieren.«

»Wieso?«

»Deine Katze starrt mich an.«

Katze saß auf dem Wandbord gegenüber dem Bett und hatte den Blick fest auf Marc gerichtet. Ihre Augen, deren Farbe sie nach Bedarfslage ändern konnte, leuchteten in einem giftigen Gelbgrün.

»Sie mag mich nicht«, sagte Marc anklagend.

Das stimmte, aber es war nicht das Problem.

»Sie mag überhaupt keine Männer, die in meinem Bett liegen. Sie starrt alle so an.«

Marc rückte von ihr weg. »Liegen so viele Männer in deinem Bett?«

»Gar nicht. Nur ganz selten mal einer. Du bist seit Langem der erste.«

Julia streckte die Arme nach ihm aus. »Komm wieder her, Marc. Bitte. Mach einfach die Augen zu und vergiss sie.«

»Wie denn? Ich weiß, dass sie mich anstarrt. Wie soll ich das vergessen? Kannst du sie nicht rausschaffen?«

Julia schwang die Beine über den Bettrand, doch bevor sie die Füße auf den Boden setzen konnte, war Katze mit einem Sprung auf dem Schrank und richtete den Blick wieder auf Marc.

»Von da kriege ich sie nicht runter. Ich muss die Leiter holen, und bis ich oben bin, ist sie längst woanders.«

Marc stand auf, zog Jeans und Shirt über, schlüpfte in die Schuhe, griff nach der Jacke und angelte seine Socken unter dem Bett hervor. Er hob den Kopf, der vom Bücken rot angelaufen war.

»Wenn ich wiederkomme – falls ich je wiederkomme –, kannst du dieses Tier dann bitte wegsperren?«

Ich versprech’s dir, wollte Julia sagen, aber er hatte die Tür schon hinter sich zugeschlagen.