: Susanne Popp
: Loreley - Die Frau am Fluss Roman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104918242
: 1
: CHF 10.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bestsellerautorin Susanne Popp (»Die Teehändlerin«) führt an die Ufer des Rheins und den sagenumwobenen Felsen in die Zeit der Romantik Bacharach 1817. Die mittellose Waise Julie arbeitet als Magd im Gasthaus ihres Vormunds. Ein geheimnisvoller Zauber geht von ihr aus, und ihre außergewöhnliche Schönheit sorgt immer wieder für Eifersucht und Streit. Der Pfarrer fordert gar, dass sie den Ort verlässt. Auch Johann hat Eltern und Geschwister verloren. Er kehrt seinem Heimatdorf den Rücken, um in Karlsruhe bei der Rheinbegradigung sein Auskommen zu finden. Nach einem entsetzlichen Ereignis verlässt er die Großbaustelle und wird Schiffer auf dem breiten Fluss. Julie und Johann lernen sich kennen. Sie ahnen nicht, welche Schatten die Vergangenheit auf sie werfen wird. Am sagenumwobenen Loreley-Felsen nimmt das Schicksal seinen Lauf. Ein mächtiger Fluss, eine märchenhafte Landschaft und eine berührende Liebe - Bestsellerautorin Susanne Popp macht die Romantik lebendig.

Die Bestseller-Autorin Susanne Popp wurde in Speyer am Rhein geboren und ist im Südwesten Deutschlands mit Blick in die Rheinebene aufgewachsen. Der Rhein als Fluss der Mythen und Legenden, als Sehnsuchtsort der Romantik und als Transportweg von den Alpen bis zum Meer hat sie seit jeher fasziniert. In den Romanen rund um die Figur der Loreley finden sowohl überraschende historische Fakten als auch märchenhafte Elemente ihren Platz. Susanne Popp hat zuletzt mit »Die Teehändlerin«, eine Trilogie über das Familienunternehmen Ronnefeldt, zahlreiche Leserinnen begeistert. Sie lebt heute mit ihrem Mann am Zürichsee in der Schweiz.

1817


2


Die Kirchturmuhr schlug Mitternacht, als Julie sich aus dem Haus stahl, um zum Rheinufer hinunterzugehen. Es war Mitte August. Die Tage wurden schon wieder kürzer, doch die Nächte waren noch lau und viel zu schade, um sie zu verschlafen. Ohne Laterne und barfuß, weil ihre hölzernen Pantinen zu viel Lärm gemacht hätten, huschte sie durch die dunklen Gassen von Bacharach. Schon sehr bald würde der Mond aufgehen, doch noch bot die Dunkelheit ihr Schutz, denn sie wollte nicht gesehen werden. Julie passierte den Damm und näherte sich dem Rheinstrand. Die Kiesel schmiegten sich an ihre Fußsohlen, dazwischen wuchs mal stachliges, mal weiches, sanft kitzelndes Gras. Schließlich lag der Fluss nur vom Sternenlicht beleuchtet vor ihr und hob sich mit seinem tiefdunklen Blau kaum merklich von den schwarzen Ufern ab. Sie sah zum Werth hinüber, wo sich die Kronen der Eschen, Ulmen und des großen Ahorns wie Scherenschnitte vor dem Sternenhimmel abzeichneten. Abgesehen vom klagenden Ruf eines Käuzchens und vom Rauschen des Wassers, das die Felsen und Steine umspülte, war alles still.

Julie trat näher an den Fluss heran. Ihre Zehen bohrten sich in den feuchten Sand, während der Vollmond über den Weinbergen emporstieg und schließlich mit seinem Licht alles überstrahlte. Julie ließ ihren Blick prüfend über den im bleichen Licht daliegenden Streifen aus Sand und Kieseln wandern. Der Strand wurde vom Damm begrenzt, auf dem die neue, von den Franzosen gebaute, Kunststraße lag, davor gab es eine Reihe von Büschen und niedrigen jungen Bäumen. Nirgends war eine Menschenseele zu sehen, sie war ungestört. Sie streifte das Oberteil ihres Kleides über den Kopf, zog sich ihr enganliegendes Leibchen aus, löste dann die Schnur, die den Rock in der Taille festhielt, und ließ ihn zu Boden gleiten. Nun stand sie nur noch mit ihrem Unterhemd bekleidet da. Sie löste den langen, eng geflochtenen Zopf, bis ihr das blonde Haar in Wellen um die Schultern und vor die Brust fiel und fuhr mit den Fingern hindurch. Nachdem sie ihre Kleider zusammengelegt hatte, stieg sie in die Fluten.

Das Wasser war frisch, aber nicht zu kalt, und bis zu den Oberschenkeln im Wasser stehend, schäumte sich Julie mit einer von ihrer Schwester Ruth hergestellten Seife aus Salbei die Haare ein. Sorgfältig legte sie den Rest des kostbaren Seifenstücks am Ufer ab, bevor sie sich, den Blick gen Himmel gerichtet, ins Wasser gleiten und mit der Strömung treiben ließ. Sie genoss das Gefühl, sanft gehalten und getragen zu werden. Julie kannte den Fluss wie niemand sonst. Sie wusste genau, wo es Felsen gab, vor denen sie sich in Acht nehmen musste, und an welcher Stelle weiter unten sich ein bequemer Ausstieg ans Ufer befand. Sie ließ sich treiben und dachte dabei an ihre Mutter Grete. Ihr geliebtes Muttchen. Sie war kein ängstlicher Mensch gewesen, und doch hatte sie ihre Tochter immer vom Wasser fernhalten wollen. Wenn sie sich gestritten hatten, was selten vorgekommen war, dann immer nur, weil Julie wieder einmal heimlich zum Fluss gegangen war. Julie wusste ja selbst nicht so recht, wo ihre große Liebe zum Rhein herrührte. Es hatte ihr auch niemand je gezeigt, wie man sich über Wasser hielt. Sie konnte es einfach. Für sie fühlte es sich ebenso natürlich an, wie sich an Land zu bewegen, und irgendwann hatte sogar Muttchen einsehen müssen, dass ihr hier keine Gefahr drohte. Julie konnte auch tauchen und dabei minutenlang die Luft anhalten. »Du bist bestimmt ein verzauberter Fisch«, hatte Ruth einmal gesagt und es nicht als Scherz gemeint, zumindest hatte sie ein ganz ernstes Gesicht dabei gemacht. Aber so war das bei ihrer Schwester. Sie erfand häufig Geschichten und behauptete d