: Parth Annemarie
: Die Walfische Eine Kindheit in Südtirol vor über 100 Jahren
: myMorawa von Dataform Media GmbH
: 9783991292630
: 1
: CHF 6.10
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: Erzählende Literatur
: German
Inspiriert von den Kindheitserinnerungen ihres Vaters schrieb Annemarie Parth die berührende Geschichte eines Buben vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs und der Teilung Tirols. 1907 geboren wuchs Franzl als lediges Kind bei seinen Großeltern auf einem Bergbauernhof in Tulfer in Südtirol auf. Als er im Alter von acht Jahren nach Bozen kam, änderte sich sein Leben grundlegend. Er litt unter der Lieblosigkeit und Strenge seines Ziehvaters. Der Erste Weltkrieg und seine Folgen für Südtirol zerstörten seine Wünsche und Ziele. Nach dem Friedensvertrag von St. Germain litt die Familie immer mehr unter der Italianisierung Südtirols. Als der Ziehvater seine Anstellung bei der Eisenbahn verlor, war die Familie gezwungen, nach Innsbruck auszuwandern. Franzl musste seine Schulbildung abbrechen und völlig neue Wege beschreiten.

Annemarie Parth liebte es, wenn ihr Vater von seinen Kindheitserinnerungen erzählte. Es waren Geschichten aus dem wahren Leben, manche zum Schmunzeln, andere traurig und ergreifend. Mit seiner Familie fuhr der Vater immer wieder zu seinen Verwandten nach Südtirol, besuchte die Schauplätze seiner Kindheit und hielt den Kontakt zu seiner Heimat aufrecht. Erst nach der Pensionierung setzte Annemarie Parth den lange gehegten Plan, ein Buch über die Kindheit ihres Vaters zu schreiben, in die Tat um.

1906

Der Burgherr

Bereits über ein halbes Jahr arbeitete Zenzi in Bozen. Ihr Leben spielte sich aber nicht auf der Burg, sondern in einem naheliegenden Wirtschaftsgebäude ab. Im Winter hatte sie in der Küche beim Kochen und auch im Haus geholfen, zeitig im Frühjahr begann die Arbeit in den Weingärten. Zenzi erledigte alles mit viel Freude.

Sie kam zwar kaum hinunter nach Bozen, aber der stattliche Hof und der weite Blick über das Bozner Becken stimmten sie glücklich. Die schwere Arbeit fiel ihr leicht, die war sie ja von daheim gewohnt.

Die Herrin war streng und wortkarg und es war schon als Lob zu werten, wenn sie nichts zu bemängeln hatte. Deshalb freute sich Zenzi, dass sie nun in der wärmeren Jahreszeit häufiger im Freien arbeiten durfte.

Ferdinand, der Burgherr, war ein angesehener Mann, großgewachsen und herrschaftlich. Er hatte pechschwarze Haare und trug einen elegant gezwirbelten Schnurrbart. Trotz seines noblen Aussehens arbeitete er wie ein gewöhnlicher Bauer in den Weinbergen und auf den Feldern mit.

Zenzi spürte sein Wohlwollen. Manchmal half er ihr wie unabsichtlich bei der Arbeit, nahm ihr eine schwere Last ab oder reichte ihr ein besonders großes Stück Brot, wenn er das