: Tracy Buchanan
: Die Winterfrauen Roman
: Blanvalet
: 9783641265991
: 1
: CHF 7.30
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 448
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Familie, die eine Lüge verbirgt. Und eine Liebe, die nur mit der Wahrheit leben kann.
Ambers Leben an der Küste Englands ist eintönig - bis an einem eiskalten Wintertag eine junge Frau vor Ambers kleinem Geschenkeladen auftaucht. Sie weiß nicht, wer sie ist und was mit ihr geschehen ist, doch Amber verspürt eine Verbindung zu der Namenlosen und beschließt, ihr zu helfen. 1989: Die Dokumentarfilmerin Gwyneth ist unabhängig und furchtlos, ihr Beruf hat sie an die entferntesten Ecken der Welt geführt. Doch als sie in den verschneiten Highlands fast ums Leben kommt, lässt sie sich von den McCluskys helfen. Gwyneth ist fasziniert von der Familie, vor allem von Dylan, dem rätselhaften und charismatischen Sohn. Aber die McCluskys verbergen ein Geheimnis, dass die Verbindung zwischen Gwyneth und Dylan gefährdet - und Gwyneth Leben für immer verändern wird.

Von verschneiten Bergen über mystische Unterwasserwälder und spektakuläre Küstenlandschaften auf der ganzen Welt: Entdecken Sie auch die anderen Romane von Tracy Buchanan, in denen sie uns immer wieder zu den schönsten Orten der Welt mitnimmt!

Tracy Buchanan lebt als Schriftstellerin in England. Wenn sie nicht gerade schreibt, liebt sie es, durch Wälder zu streifen, einsame Strände zu erkunden und mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Hund Brontë auf Städtetrips zu gehen.

1
Amber


Winterton Chine

12. Dezember 2009 

Der Winter in The Chine, wie die Einheimischen den Ort nennen, kann brutal sein. Eisige Winde fegen von Osten über den Ärmelkanal, fallen tosend in das Tal ein, das in die Landschaft gemeißelt ist, während die Bäume darüber steif von Eis sind. Trotzdem vereist der Strand fast nie, bis auf die zwei strengsten Winter seit Beginn der Aufzeichnungen: den Winter 1962 und den, in dem das Mädchen zum ersten Mal in das Leben von Amber Caulfield tritt.

An diesem Morgen erwägt sie, zusammengerollt unter der Decke liegen zu bleiben, statt das zu tun, was sie an sechs von sieben Tagen in der Woche tut: zum Strand hinunterzugehen und ihren Souvenirladen aufzumachen.

»Nein«, sagt sie streng zu sich selbst, während sie nach einem Handtuch greift und Richtung Dusche geht. »Ich brauche die Einnahmen, und die Wände müssen auch noch gestrichen werden.« Der Winter in Winterton Chine ist nicht nur wegen des Ostwinds hart, im Winter bleiben auch die Touristen weg, die den größten Teil von Ambers Kundschaft ausmachen. Sie hofft jedoch, dass sie mit einem frischen Anstrich und ein paar weiteren Renovierungsarbeiten den Laden für den kurzen Ansturm während des alljährlichen Weihnachtsmarkts attraktiv machen kann, der in gut einer Woche beginnt.

Sie duscht, zieht eine dicke Leggins und einen langen schwarzen Pullover an und dreht ihr rotes Haar im Nacken zu einem Knoten zusammen. Als sie, noch mit dem Zuknöpfen ihres langen schwarzen Mantels beschäftigt, hinaustritt, trifft die Kälte sie wie ein Vorschlaghammer. Sie reibt an den Stümpfen ihrer linken Hand, die von der Erinnerung an einen anderen kalten Winter schmerzen, und geht Richtung Strand. Von ihrer Wohnung aus sind es nur fünf Minuten die gewundene Straße hinunter, die das Zentrum von The Chine bildet. Beim Gehen winkt sie den vertrauten Gesichtern zu, die ihr begegnen: ein paar Mütter, die ihre Kinder in die Schule bringen, Jim vom Zeitschriftenladen, ein Busfahrer, der die Leute für einen weiteren Arbeitstag zum Bahnhof bringt und im Vorüberfahren grüßend die Hand hebt.

Der Strand, ein schmaler Streifen Sand, beginnt am Ende der Straße. Oberhalb liegt ein Wald. Eine lange, gerade Promenade führt am Strand entlang, der bei Hundebesitzern sehr beliebt ist. An der Promenade stehen dreißig pastellfarbene Strandhütten, von denen drei Ambers Souvenirladen beherbergen. Sie betrachtet die kleinen Eiszapfen, die an den Dächern der Hütten hängen, und schüttelt den Kopf. Keine Chance, dass sich heute jemand an den Strand wagt. Nächste Woche wird sich das ändern, hat sie beschlossen, vor allem wenn die Leute die neuen Farben sehen, in denen sie den Laden streichen wird. Mit leicht erzwungenem Enthusiasmus geht sie auf die Hütten zu.

Der Laden liegt genau in der Mitte der Strandhütten, eine rosa Hütte, eine babyblaue und eine grüne. Na ja, sie war einmal grün, jetzt ist eine Hälfte knallrot. Amber hat sich für eine kühnere Farbwahl entschieden, um mehr Leute anzulocken. Die anderen Hütten sind in den nächsten Tagen an der Reihe, die rosafarbene wird leuchtend gelb, die babyblaue smaragdgrün werden. Ein Zaun aus weißen Holzpalisaden umschließt die Hütt