: Harry Luck
: Bamberger Zauber Franken Krimi
: Emons Verlag
: 9783960412120
: 1
: CHF 8.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 192
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kurz vor Beginn des Festivals 'Bamberg zaubert' wird ein bekannter Puppenspieler tot in der Regnitz gefunden. Die Ermittlungen von Kommissar Horst Müller und seiner Kollegin Paulina Kowalska führen hinter die Kulissen von Magie und Zauberei und offenbaren Neid und Missgunst in der regionalen Kleinkunstszene. Und wieder einmal muss 'der fränkische Derrick' tief hineintauchen in die Abgründe der idyllischen Stadt ...

Harry Luck wurde 1972 in Remscheid geboren, wo er bei der Tageszeitung zum Redakteur ausgebildet wurde. Er studierte in München Politikwissenschaften und arbeitete dort als Korrespondent und Redakteur für verschiedene Medien; er leitete mehrere Jahre das Landesbüro einer Nachrichtenagentur und seit 2012 die Presse und Öffentlichkeitsarbeit im Erzbistum Bamberg.

EINS

Mühelos näherte ich mich auf der Residenzstraße mit meinem E-Bike dem Gipfel des Dombergs. Links blickte ich auf die wenig beschaulichen Rückseiten und in die Hinterhöfe der Häuser der Sandstraße. Rechts oben erinnerte eine Gedenktafel an einen der wenigen ungeklärten Todesfälle in der Bamberger Polizeistatistik. Denn genau hier stürzte am 1. Juni 1815 um dreizehn Uhr Louis-Alexandre Berthier, seines Zeichens Napoleons Marschall, aus dem Kaiserappartement im obersten Stockwerk der Neuen Residenz in den Tod. Angeblich hatte er aus dem Fenster die herannahenden russischen Truppen beobachtet. Berichte, er sei von sechs maskierten Männern aus dem Fenster geworfen worden, konnten nie gerichtsfest bewiesen werden, weshalb der Fall bis heute als ungeklärt gelten muss. Durch seinen Tod musste Berthier jedenfalls die legendäre Schlacht von Waterloo nicht mehr miterleben, die Napoleon etwa zwei Wochen später weit von Bamberg entfernt verlor.

Auch wenn Monsieur Berthier in weiser Voraussicht Selbstmord begangen haben sollte, wäre ich heute als Kriminalhauptkommissar im Kommissariat 1 derKPI Bamberg für den Fall zuständig. Eine ständige Mordkommission, wie man sie aus dem Fernsehen kennt, gab es in Bamberg nicht. »Verbrechen gegen das Leben« waren mein Metier.

Jedes Mal wenn ich an dieser denkwürdigen Stelle vorbeifuhr, nahm ich mir vor, nachzulesen, warum Napoleons Marschall sich überhaupt im schönen Bamberg aufgehalten hatte – um den Recherchevorsatz gleich wieder zu vergessen, wenn ich den Domplatz erreicht hatte. Sicherlich war das fränkische Städtchen auch vor zweihundert Jahren schon bezaubernd, aber für einen aus Paris stammenden Militär brauchte es wohl einen außergewöhnlicheren Anlass, hierherzukommen. Der Bamberger Fenstersturz hatte es jedenfalls nicht so prominent in die Geschichtsbücher gebracht wie der Zweite Prager Fenstersturz, der immerhin den Dreißigjährigen Krieg auslöste.

Mein Sakko hatte ich zusammengefaltet auf dem Gepäckträger verstaut. Seit zwei Wochen war kein Tag vergangen, an dem das Quecksilber unter der Dreißig-Grad-Marke geblieben war. Meteorologen hatten den heißesten Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vorausgesagt. Mit meinem emissionsfreien Fortbewegungsmittel leistete ich meinen bescheidenen Beitrag gegen den Klimawandel, der in den Medien schon im Frühjahr für die sich häufenden Wetterextreme verantwortlich gemacht wurde, nachdem weite Teile des Landkreises nach Dauerregen überflutet worden waren.

Noch bevor ich den Domplatz erreichte, entdeckte ich eine riesige Menschenmenge, wie sie hier sonst nur zur Fronleichnamsprozession, dem Heinrichsfest oder irgendwelchen Open-Air-Konzerten zu sehen war. Es gab kein Durchkommen, sodass ich von meinem elektrischen Fahrrad, genauer gesagt: meinem Pedelec, abstieg und es Richtung Alte Hofhaltung schob.

Ein Raunen ging durch die Menge. Mit teilweise offenen Mündern starrten die Leute nach oben auf die Domtürme. Ich schätzte die Zahl der Menschen auf über zweihundert. Ihre Reaktion w