: John Grisham
: Das Talent Roman
: Heyne
: 9783641286286
: 1
: CHF 10.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das 17jährige Basketballtalent Samuel Sooleyman stammt aus dem Südsudan, einem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land. Eines Tages erhält er die Chance seines Lebens: Mit einem nationalen Jugendteam darf er in die USA reisen und an einem Showturnier teilnehmen. Talentscouts werden auf ihn aufmerksam, doch dann erhält er schreckliche Nachrichten von daheim. Sein Dorf wurde überfallen, seine Familie ist auf der Flucht. Nur wenn er den Erfolg in Amerika erzwingt, kann er sie retten.

John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

2

Zwei Wochen später trat die gesamte Familie früh am Freitagmorgen den langen Marsch nach Rumbek an. Von dort sollte Samuel mit dem Bus nach Juba fahren, zu einem Wochenende harter Wettkämpfe. Sie winkten ihm lange nach, und seine Mutter und seine Schwester waren in Tränen aufgelöst. Dabei sollte er am Montag wieder zurück sein.

Der Bus fuhr eine Stunde zu spät los, was für den Südsudan durchaus pünktlich war. Wegen der schlechten Straßen und überfüllten Busse waren die Fahrpläne flexibel. Oft kam der Bus gar nicht, und immer wieder gab es Pannen. Es war keine Seltenheit, dass ein Bus auf offener Strecke den Geist aufgab und die Fahrgäste sich zu Fuß auf den Weg ins nächste Dorf machen mussten.

Samuel hatte sich vorn auf eine enge Bank zwischen zwei Männer gezwängt, die erzählten, sie seien schon seit drei Stunden unterwegs. Offenbar wollten sie sich in Juba nach Arbeit umsehen oder etwas in der Art. Samuel war nicht sicher, weil sie nur gebrochen Englisch sprachen, in das sich immer wieder ihre Stammessprache Nuer mischte. Samuel gehörte zu den Dinka, der größten ethnischen Gruppe des Landes, und Dinka war seine Muttersprache. Seine zweite Sprache war Englisch. Die Mutter beherrschte sogar vier Sprachen.

Auf der anderen Seite des schmalen Gangs saß eine Frau mit drei Kindern, die die Augen weit aufgerissen hatten und keinen Laut von sich gaben. Samuel sagte etwas auf Englisch zu ihnen, aber sie antworteten nicht. Als die Mutter mit dem ältesten Kind sprach, verstand er kein Wort.

Der Bus hatte keine Klimaanlage, und der Staub der Schotterpiste wehte durch die offenen Fenster herein und setzte sich überall fest – auf der Kleidung, dem Gepäck, den Sitzbänken, dem Boden. Das Gefährt rumpelte und holperte über die unbefestigte Hauptverbindungsstraße nach Juba und hielt gelegentlich an, um einen Anhalter aufzunehmen oder einen Passagier abzusetzen.

Als seine Mitfahrer erfuhren, dass Samuel Basketballspieler war und vielleicht nach Amerika reisen würde, stand er plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Basketball war der neue Stolz des Südsudans, eine leuchtende Verheißung, über der die Menschen sogar die gewalttätige Geschichte ihrer ethnischen Konflikte vergaßen. Die Spieler waren zumeist groß und schlank und spielten mit einer Leidenschaft, die amerikanische Trainer erstaunte.

Das Gespräch drehte sich also um Basketball, und Samuel genoss die Bewunderung. Sie stoppten in jedem Dorf, um Fahrgäste an Bord zu nehmen. Ob ein Bus voll war oder nicht, wurde nach Lust und Laune entschieden, und es dauerte nicht lange, bis der Fahrer die jüngeren Männer, unter ihnen Samuel, anwies, oben auf