Vom Hafen geht es bergauf, und langsam laufe ich die Stufen der Eselschissgasse hoch, in meiner Tasche ein herzförmiger Stein. Ich gehe allein, und obwohl mich niemand sieht, widerstehe ich dem Drang, nach dem steilsten Stück anzuhalten und mich am Pfosten auszuruhen. Ich gehe vorsichtig, Stolpern wird rasch zu einem Sturz, ein Gedanke, der die Gazelle empört, die noch in meinem steif werdenden Körper steckt.
Über Jahrhunderte abgetretene Marmorplatten schimmern im hellen Licht. Die weiß gekalkten Gassen funkeln selbst an einem trüben Vormittag wie heute, an dem sich Wolken in den Hafen drängen, der Himmel so tief, dass er das Festland verhängt.
Die Stufen hinab hüpfen Arm in Arm zwei Jungen auf mich zu. In Dinos’ alter Tweedjacke mit den ausgebeulten Taschen und mit meinen bequem geschnürten Schuhen bin ich für sie so unsichtbar wie ein Schafhirte oder ein Maultiertreiber. Die Jahre in der Sonne haben tiefe Falten in mein Gesicht gegraben, das ewig nicht mehr gefärbte Haar hat ebenso lang keinen Friseur mehr gesehen, aber was macht das schon? Wie immer zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, hängt es mir nicht ins Gesicht. Es gibt mich noch, ein wenig angeschlagen, ein wenig mitgenommen; und mich verblüfft, dass jene junge Frau noch in mir steckt, die vor fast sechzig Jahren zum ersten Mal einen Fuß auf diese Insel setzte. Nur fürchte ich, dass mich unter der wachsenden Patina nur die noch sehen können, die mich schon damals kannten; und es bricht mir das Herz, wie schnell die Schar dieser Sehenden abnimmt.
Der Anruf wegen Leonard kam gestern Abend. Eine Weile saß ich still da, hörte den Eulen zu. Dann holte ich meine alten Notizbücher hervor, die Drei-Penny-Kladden, die ich 1960 mit auf die Insel gebracht hatte, und ich fand ihn in meinem hoffnungsfrohen, schnörkeligen Gekritzel. Ein Krampf im Nacken; die Hähne krähten die ganze Nacht. Ich schlief schlecht und erwachte zu einem traumbedrängten Morgen.
Die Sommergäste sind längst fort; in Athen herrschen Unruhen, die Einschränkungen greifen, Flüchtling