Kapitel 1
Ryan
Ryan duckte sich tiefer hinter den umgestürzten Stamm und lauschte. Alles roch scharf nach Jaguar, keine Chance, die Raubkatze irgendwie mit der Nase zu orten. Doch er konnte die kaum wahrnehmbaren Laute hören, die ihre mächtigen Tatzen machten, egal, wie leise sie gesetzt wurden. Seine Muskeln spannten sich an, schienen vor Anspannung zu summen. Jetzt durfte er sich keinen Fehler erlauben.
Grüne Wildnis umgab ihn. Hoch oben in den dicht belaubten Kronen der Bäume sang ein einsamer Vogel. Insekten summten in der noch vom letzten Regenguss dampfenden Luft. Die Kleintiere in der Umgebung gaben jedoch keinen Ton von sich. Nur nicht die große Raubkatze auf sich aufmerksam machen!
Ryans Herz schlug schneller. Er versuchte, so flach wie möglich zu atmen, um lautlos zu sein. Geduld.
Die leisen Schritte verstummten, als sei der Jaguar erstarrt. Verdammt, was tat der Mistkerl? Ryan kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, verlagerte sein Gewicht und widerstand der Versuchung, über den Stamm zu schauen. Jaguare waren Lauerjäger. Ryan auch. Wusste der Kerl, wo er sich verborgen hatte? Zuzutrauen wäre es ihm. Sie hatten das Spiel bereits zu oft gespielt.
Ein kaum zu erahnendes Zischen, als peitschte ein Schwanz vor Aufregung durch die Luft. Im nächsten Moment ein Knacken, ein Scharren von in den Grund gegrabenen Krallen.
Ein Schatten setzte über gestürzten Baum und Ryan hinweg. Mit einem dumpfen Laut kam der Jaguar direkt hinter ihm auf, wirbelte herum. Markerschütternd brüllte er. Einhundertachtzehn Kilo pure Muskelmasse, Fänge, Klauen, geifernder Atem.
Hatte Ryan auch. Half nicht. Schon wieder war sein Freund schneller gewesen! Wie machte Brian das nur? Eigentlich war das Ryans Plan gewesen – nämlich Brian aus dem Hinterhalt heraus anzuspringen. Genau das tat er im nächsten Atemzug, ohne sich mit einem Brüllen seinerseits aufzuhalten. Zwar war er ein wenig leichter als sein Freund, doch der Schwung reichte aus, um diesen von den Tatzen zu holen.
Balgend kugelten sie durchs feuchte Gras.
Ryan biss ihm in die Schulter und kassierte dafür einen Prankenhieb, der sich gewaschen hatte. Ungnädig revanchierte Ryan sich mit mehreren schnellen Tritten der Hintertatzen, während er Brian mit den Vorderpfoten festhielt.
Brian gab eine Mischung aus Knurren und Fauchen von sich, die seine Form des Lachens darstellte, sobald er als Jaguar unterwegs war. Blitzschnell verpasste er Ryan den nächsten Hieb, dann sprang er auf und jagte davon.
Ryan folgte ihm auf dem Fuß.So nicht, mein Freund!
Unerfreulicherweise war Brian der Stärkere, gleichgültig, wie hart Ryan trainierte. Aber der eindeutig Schnellere blieb er. Mit wenigen Sätzen hätte er ihn eingeholt und landete auf Brians Rücken. Wohldosiert kräftig biss er ihn in den Nacken, um ihm klar zu machen, dass er gewonnen hatte. Musste ordentlich zwicken, durchbrach jedoch nicht die Haut.
Interessierte Brian wie üblich nur nicht. Der schüttelt