EINLEITUNG
Wann hatten Sie das letzte Mal Spaß?
Ich meine es ernst. Denken Sie nach. Wann haben Sie sich das letzte Mal unbeschwert und ausgelassen gefühlt? Wann hatten Sie das letzte Mal das Gefühl, nicht beurteilt zu werden, weder von sich selbst noch von anderen? Wann waren Sie das letzte Mal mit Eifer bei einer Sache, ganz im Hier und Jetzt, ohne an die Zukunft oder die Vergangenheit zu denken? Wann haben Sie sich das letzte Mal frei gefühlt? So richtig lebendig?
Vielleicht war es beim Herumalbern mit Freund:innen. Vielleicht beim Entdecken eines neuen Ortes. Vielleicht in einem rebellischen Moment. Vielleicht als Sie etwas ganz Neues ausprobiert haben. Vielleicht haben Sie ein unerwartetes Gefühl von Zugehörigkeit und Verbundenheit erlebt. Was Sie auch gemacht haben, das Ergebnis war sicherlich ähnlich: Sie haben gelacht oder gelächelt. Sie schienen von allen Verpflichtungen befreit zu sein. Und danach haben Sie sich energiegeladen und erfrischt gefühlt.
Falls es Ihnen schwerfällt, sich an einen Moment zu erinnern, auf den diese Beschreibung zutrifft und der noch nicht lange zurückliegt, dann kann ich Sie gut verstehen. Bis vor Kurzem hatte ich selbst auch nicht das Gefühl, besonders oft richtig Spaß zu haben.
Doch dann sind zwei Dinge passiert, durch die ich praktisch ein neuer Mensch geworden bin.
Der erste Augenöffner kam kurz nach der Geburt meiner Tochter. Nach jahrelangen Debatten, ob wir ein Kind bekommen sollten oder nicht, gefolgt von über einem Jahr, in dem wir es versucht haben, wurde ich Mitte 2014 schwanger. Anstatt unsere Nestbauinstinkte in vernünftige kleine Projekte zu lenken und Schränke aufzuräumen oder das Gewürzregal umzugestalten, beschlossen mein Mann und ich, dass meine Schwangerschaft der ideale Zeitpunkt sei, uns an die Komplettrenovierung unserer Küche zu machen – das bedeutete, die Wände des Raums bis auf die Stützbalken einzureißen und mitten in einem Ostküsten-Januar die Rückwand unseres Hauses herauszunehmen.
Da wir beide Fans von kreativen Projekten (und gleichzeitig Kontrollfreaks) sind, beschlossen wir außerdem, die neue Küche selbst zu entwerfen. Im Fall meines Mannes führte das dazu, dass er stundenlang nach Küchenarmaturen suchte. In meinem Fall hieß es, eine Möglichkeit zu finden, gebrauchte Einrichtungselemente in die neue Küche zu integrieren, wie zum Beispiel die verspiegelte Front eines viktorianischen Schranks, die ich im Keller einer verstorbenen Nachbarin entdeckt hatte (lange Geschichte) und die in meinen Augen die perfekte Verkleidung für ein Kochbuchregal und einen ausziehbaren Vorratsschrank abgeben würde.
Außerdem verbrachte ich Stunden damit, eBay nach interessanten Accessoires für die neue Küche zu durchforsten, weshalb sich in meinem Browserverlauf Einträge wie »Vintage Schubladenknopf« und »antikes Eastlake-Türscharnier 3 x 3 Zoll« häuften.
Während mein Bauch dicker und unser Haus kälter wurde, witzelten wir immer wieder mit den Handwerkern – die inzwischen wie Freunde für uns waren –, welches Projekt wohl als Erstes abgeschlossen sein würde, die Küche oder meine Schwangerschaft. Ich gewann das Rennen, aber nicht, weil sie so langsam arbeiteten, sondern weil ich fünfeinhalb Wochen vor dem Geburtstermin einen Notkaiserschnitt bekam. Schließlich war die Küche fertig, aus der verspiegelten Tür war die Vorratsschrankverkleidung meiner Träume geworden, und ich konnte endlich meine Suchen auf eBay einstellen.
Nur, dass ich es nicht tat. Obwohl ich keinen triftigen Grund mehr dafür hatte, mich dreißig Minuten am Stück durch Listen antiker Türbeschläge zu klicken, griff ich wie auf Autopilot immer wieder zum Handy und öffnete eBay, oft mitten in der Nacht, während ich meine Tochter stillte. Ich hielt sie in einem Arm, und in der anderen Han