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Die Leute tun dauernd so, als könne man was für seine Gefühle. Für seine Taten kann man was, meistens zumindest. Dafür, ob man Sport treibt, für notleidende Menschen spendet, im Kirchenchor singt, den Job wechselt, die ganze Flasche Sekt leer trinkt. Gut, wenn man sie getrunken hat, kann man für einiges, was danach passiert, nicht mehr viel. Aber ganz sicher kann man nichts für seine Gefühle.
Sie überfallen einen, wabern ins Gehirn und dringen tief unter die Haut. Sie sind wie Hunger oder Durst. Nein. Schlimmer. Bei Hunger isst man was, bei Durst … jaja, schon klar, Wasser, keinen Sekt.
Doch bei Liebe?
Hoffnungslos. Sie überkommt dich wie das Spanische Fieber, packt dich wie ein Krake und lässt dich nicht mehr los. Du stehst morgens mit ihr auf, nimmst sie mit zur Arbeit, zum Einkaufen, zum Treffen mit Freunden. Abends sitzt sie mit dir auf der Couch, kommt mit dir ins Bett, schleicht sich in deine Träume, schrecklich.
Ich hatte ganz bestimmt nicht vorgehabt, mich in Daniel zu verlieben. Allein schon, weil er sehr nett ist, Humor hat und unverschämt gut aussieht. Die Kombination ist absolut verhängnisvoll. Es ist das Ding mit dem Edelpilz und der riesigen Horde Trüffelschweine.
Der Wald, in dem ich mich mit mehreren Hunderttausend anderen witternden Schweinen befand, war Köln. Das … nein, die Frau, die den kostbaren Trüffel ausgegraben hatte und für sich beanspruchte, war meine Chefin Viola. Marketing Director ihrer eigenen Agentur.
»Katharina, ist alles klar für das Meeting um neun Uhr dreißig?«
Ich zuckte zusammen und sah auf. »Was? Ja, natürlich.«
Viola stand in der offenen Bürotür und lächelte auf die ihr eigene, leicht ironische Art. Ihre Eckzähne waren spitz, die aschblonde Mähne trug sie immer offen. Ich wusste, dass sie stolz auf ihr Haar war – ich wusste es von ihrem Mann Daniel.
Daneben hatte ich noch etliche andere Dinge über sie erfahren. Zum Beispiel, dass sie unter ihren Designerjeans mit Vorliebe Daniels Unterhosen trug. Und dass sie im Bett Mascha genannt werden wollte.
Mit dieser Art von Information ist es so eine Sache. Kennst du sie, denkst duimmer daran, wenn du die betreffende Person siehst.
Mascha mit den karierten Boxershorts.
»Ist die PowerPoint fertig?« Fragend hob Viola die akkurat gezupften Brauen.
»Äh, ja, klar. Ich habe sie schon auf dem Präsentationslaptop geöffnet.« Bekräftigend nickte ich.
Viola nannte Daniel im Bett manchmal Henry. Genauer gesagt nannte sie seinenHenry Henry. »Das ist aber echt schon länger her«, hatte mir Daniel offenbart. »Seitdem ich dich kenne, ist mit Viola so ziemlich der Ofen aus.«
Ich war mir nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte. Und auch nicht, was genau »so ziemlich« hieß. Meiner Ansicht nach hatte Viola-Mascha immer noch die Zügel in der Hand.
»Du weißt, wie wichtig der Auftrag für uns ist.« In Sekundenbruchteilen konnte sie von ihrem ironischen Lächeln zu Strenge wechseln. Sie war herangekommen und stand neben meinem Schreibtisch. »Ich verlasse mich da auf dich.«
»Du, Viola, mach dir keine Sorgen. Sicher treffen wir