: Jo Kommer
: Die Amato-Schwestern: Die Fäden des Schicksals
: beHEARTBEAT
: 9783751729376
: Eine Familiensaga in Chile und Italien
: 1
: CHF 5.60
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 321
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Santiago de Chile, 1970er-Jahre: Amelia Amato wächst als älteste Tochter eines italienischen Einwanderers und einer Chilenin behütet in einer wohlhabenden Familie auf. Ihr Vater Giuseppe besitzt eine erfolgreiche Strumpffabrik, die Familie genießt Wohlstand und Ansehen. Doch Amelia lehnt sich gegen die Privilegien ihrer Familie auf. Sie studiert und beginnt, sich für die Rechte der armen Bauern und Landarbeiterinnen einzusetzen. Als sie Ignacio Castillo, den Sohn eines Großgrundbesitzers, kennenlernt, verändert sich ihr Leben ... Doch am Horizont ziehen Gewitterwolken auf: Der Militärputsch in Chile bringt die Strumpffabrik, die Existenz der Amatos und Amelia selbst in große Gefahr.

Der erste Band der dramatischen Trilogie um das turbulente Leben der Familie Amato und ihre Strumpffabrik.

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<p><a name="_Hlk148341994" ></a>Jo Kommer wurde 1982 in Ludwigsburg geboren. Als junge Erwachsene reiste sie ein Jahr durch Neuseeland und Australien. Im Anschluss daran veröffentlichte sie einen Reisebericht sowie einen Reiseführer über Work and Travel in Neuseeland. Nach ihrer Ausbildung im Rettungsdienst verbrachte sie zehn Jahre in Spanien, wo sie in unterschiedlichen Branchen jobbte. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrer Katze wieder in der alten Heimat in Baden-Württemberg. Sie arbeitet als Bloggerin und freie Redakteurin.</p>

Kapitel 2


Chillán, Amelias Büro, Februar 1969


»Das Gut Santa Rosa del Álamo ist so groß«, hatte Amelia bei dem Telefonat mit Ignacio als Argument vorgebracht, »dass ich mehrmals kommen muss, um alle inquilinos kennenzulernen und mir generell einen besseren Überblick zu verschaffen.« Mit angehaltenem Atem hatte sie in ihrem Büro in den Hörer gelauscht, um die Antwort des jungen Patrón abzuwarten. Schon allein seine Stimme zu hören, löste in ihr etwas aus, das sie so nicht kannte.

Amelia hatte sich bisher nie besonders für das andere Geschlecht interessiert. Dafür war sie viel zu fokussiert gewesen. Zuerst in der Schule, wo sie täglich den Stoff aufgesaugt hatte, den die Lehrer der Klasse vorgetragen hatten, dann in der Universität. Zu Hause hatte sie die dicken Lehrbücher durchgeblättert und fast alles auswendig gelernt, bis sie abends mit roten Augen und schweren Lidern ins Bett gefallen war.

Sie wollte sich später nicht auf einen Mann verlassen müssen, der für ihren Lebensunterhalt sorgte. Ihr Plan war immer, auf eigenen Beinen zu stehen, damit sie unabhängig und frei in ihren Entscheidungen sein konnte.

»So wird sich nie ein Junge für dich interessieren«, hatte María immer wieder besorgt gemahnt und die dunkelblonden Locken ihrer Tochter zurechtgezupft. Amelia wusste, dass ihre Mutter stolz auf ihre helle Haarpracht war, die in diesem Land mit Wohlstand gleichgesetzt wurde.

Amelia selbst war ihr Äußeres nicht so wichtig. Sie wusste, dass Haar- oder Augenfarbe nichts mit Geld zu tun hatten. Sie waren ein Geschenk Gottes, wobei jedes andere Aussehen genauso viel wert war wie ihres. Trotzdem bemerkte sie, dass ihr zierlicher Körper, die goldenen Haare und die großen Rehaugen die Blicke der jungen Männer auf sich zogen. Sie nahm das mit einem gewissen Wohlwollen hin, zeigte es aber nicht nach außen, denn sie war lange nicht bereit, einen ihrer Verehrer näher an sich heranzulassen.

Nachdem sie ihr Universitätsstudium abgeschlossen und Erfüllung in ihrem Beruf gefunden hatte, war das nun anders geworden. Amelias Geist und ihre Seele begannen, sich für Neues und die schönste Nebensache der Welt zu öffnen, die Liebe.

Die Begegnung mit Ignacio hatte sie in ein Gefühlschaos gestürzt. Zum einen fühlte sie sich zu ihm hingezogen, zum anderen gehörte seine Familie zu den Großgrundbesitzern, gegen die Amelia vorging.

Das war aber nicht alles, was sie verunsicherte. Der Umzug in den Süden nach Chillán hatte so einige Herausforderungen für Amelia mit sich gebracht. Sie war behütet in einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie in der Hauptstadt aufgewachsen. Ihre erste Anstellung hatte sie hier in dieser Kleinstadt gefunden, in der sie ganz auf sich gestellt war. Sie wohnte mit Ruffi, einem jungen Siamkater, den sie vom elterlichen Anwesen mitgenommen hatte, in einer winzigen Wohnung. Angestellte, die ihr im Haushalt halfen, hatte sie nicht, und außer ihren Kollegen kannte sie niemanden. Obwohl sie nur vierhundert Kilometer von Santiago trennten, fühlte sie sich, als wäre sie in einer anderen Kultur gelandet.

Die Arbeit führte sie in die Welt der einfachen Bauern und reichen Grundbesitzer. Eine Welt, mit der sie zu Hause nicht in Berührung gekommen war. Der Kulturschock, in dieses fremde Ambiente einzutauchen, war das eine, den extremen Kontrast zwischen Arm und Reich, die Abhängigkeit und Ausbeutung hautnah