: George R.R. Martin
: Das Lied von Eis und Feuer 10 Ein Tanz mit Drachen
: Penhaligon
: 9783641085186
: Das Lied von Eis und Feuer
: 1
: CHF 11.60
:
: Fantasy
: German
: 784
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Fortsetzung der großen Bestsellersaga
Daenerys Targaryen, die Königin der Drachen, muss sich entscheiden, welchen ihrer adligen Freier sie heiraten wird. Wer wird der mächtigste Verbündete für die Eroberung von Westeros sein? Es ist eine rein politische Entscheidung, denn Daenerys' wahre Liebe gilt einem einfachen, aber machtlosen Söldner. Leider haben in diesem Fall die Wünsche einer Königin keine Bedeutung.

Über das Schicksal von Westeros entscheiden jedoch nicht die Intrigen der Adligen. Denn die Anderen jenseits der Mauer bereiten den entscheidenden Schlag vor. Jon Schnee und die Nachtwache könnten sie aufhalten. Aber kann der junge Kommandant noch auf die Loyalität seiner Männer vertrauen?

George Raymond Richard Martin wurde 1948 in New Jersey geboren. Sein Bestseller-Epos »Das Lied von Eis und Feuer« wurde als die vielfach ausgezeichnete Fernsehserie »Game of Thrones« verfilmt. 2022 folgt der HBO-Blockbuster »House of the Dragon«, welcher auf dem Werk »Feuer und Blut« basiert. George R.R. Martin wurde u.a. sechsmal der Hugo Award, zweimal der Nebula Award, dreimal der World Fantasy Award (u.a. für sein Lebenswerk und besondere Verdienste um die Fantasy) und fünfzehnmal der Locus Award verliehen. 2013 errang er den ersten Platz beim Deutschen Phantastik Preis für den Besten Internationalen Roman. Er lebt heute mit seiner Frau in New Mexico.

JON

Val wartete in der Kälte vor der Morgendämmerung am Tor und hatte sich in ein Bärenfell gehüllt, das von der Größe her auch Sam gepasst hätte. Neben ihr stand ein Bergpferd gesattelt und gezäumt, ein zotteliger Grauschimmel mit einem weißen Auge. Mully und der Schwermütige Edd standen bei ihr, zwei Wachen, die gar nicht zu dieser Aufgabe passten. Ihr Atem gefror in der kalten schwarzen Luft.

»Ihr habt ihr einblindes Pferd gegeben?«, fragte Jon.

»Nur halb blind, M’lord«, erwiderte Mully.»Ansonsten ist es gesund.« Er tätschelte dem Pferd den Hals.

»Das Pferd ist vielleicht halb blind, aber ich nicht«, sagte Val.»Ich weiß, wohin ich muss.«

»Mylady, Ihr müsst das nicht tun. Das Risiko…«

»… liegt bei mir, Lord Schnee. Ich bin keine Lady aus dem Süden, sondern eine Frau aus dem Freien Volk. Deshalb kenne ich den Wald besser als all Eure Grenzer in ihren schwarzen Mänteln. Für mich gibt es dort keine Geister.«

Hoffentlich nicht. Jon zählte darauf, und er vertraute darauf, dass Val dort Erfolg haben würde, wo der Schwarze Hans Bulwer und seine Gefährten gescheitert waren. Und sie musste auch das Freie Volk nicht fürchten, so hoffte er… doch sie beide wussten, dass in diesen Wäldern nicht nur die Wildlinge lauerten.»Habt Ihr genug Vorräte?«

»Hartes Brot, harten Käse, Haferkuchen, gesalzenen Dorsch, gesalzenes Rind, gesalzenen Hammel und einen Schlauch mit süßem Wein, der mir das ganze Salz aus dem Mund spülen wird. Ich werde nicht verhungern.«

»Dann ist es Zeit, dass Ihr aufbrecht.«

»Ihr habt mein Wort, Lord Schnee. Ich kehre zurück, mit Tormund oder ohne ihn.« Val schaute zum Himmel. Es war Halbmond.»Haltet am ersten Tag des Vollmonds Ausschau nach mir.«

»Das werde ich.«Lasst mich nicht im Stich, dachte er,sonst wird Stannis sich meinen Kopf holen.»Habe ich Euer Wort, dass Ihr unsere Prinzessin in der Nähe behaltet?«, hatte der König gefragt, und Jon hatte es ihm versprochen.Aber Val ist keine Prinzessin. Ich habe es ihm hundertmal gesagt. Das war nur eine schwache Ausrede, ein trauriger Lappen, mit dem er sein gebrochenes Wort verbunden hatte. Sein Vater hätte dem niemals zugestimmt.Ich bin der Schild, der die Reiche der Menschen schützt, rief sich Jon in Erinnerung,und letzten Endes muss das mehr Wert haben als die Ehre eines Mannes.

Die Straße unter der Mauer war so dunkel und kalt wie der Bauch eines Eisdrachens, und sie wand sich in Kurven wie eine Schlange. Der Schwermütige Edd führte sie mit einer Fackel in der Hand hindurch. Mully hatte die Schlüssel für die drei Tore, wo Stangen aus schwarzem Eisen, dick wie der Arm eines Mannes, den Durchgang versperrten. Die Speerträger an jedem Tor neigten den Kopf vor Jon Schnee, starrten Val und ihr Pferd jedoch unverhohlen an.

Als sie nördlich der Mauer durch eine dicke Tür aus frischgeschlagenem grünem Holz ins Freie traten, hielt die Wildlingsprinzessin einen Moment lang inne und ließ den Blicküber das schneebedeckte Feld schweifen, auf dem König Stannis seine Schlacht gewonnen hatte. Jenseits davon wartete düster und schweigend der Verfluchte Wald. Im Schein des Halbmondes glänzte Vals honigblondes Haar silbern, und ihre Wangen wirkten weiß wie Schnee. Sie holte tief Luft.»Die Luft schmeckt süß.«

»Meine Zunge ist zu taub, um das zu erkennen. Ich schmecke nur die Kälte.«

»Kälte?« Val lachte geringschätzig.»Nein. Wenn es kalt ist, schmerzt das Atmen. Wenn die Anderen kommen…«

Der Gedanke daran war beunruhigend. Sechs der Grenzer, die Jon ausgeschickt hatte, wurden noch vermisst.Es ist zu früh. Sie kommen sicher noch zurück. Doch eine andere Stimme in ihm beharrte:Sie sind tot, jeder Einzelne. Du hast sie zum Sterben hinausgeschickt, und das Gleiche machst du mit Val.»Teilt Tormund mit, was ich Euch gesagt habe.«

»Er wird Euren Worten vielleicht nicht zustimmen, aber er wird sie anhören.« Val küsste ihn leicht auf die Wange.»Vielen Dank, Lord Schnee. Für das halb blinde Pferd, den gesalzenen Dorsch und die freie Luft. Für die Hoffnung.«

Ihr Atem vermischte sich zu weißem Dunst. Jon Schnee zog sich zurück.»Was ich als Dank möchte, ist allein…«

»… Tormund Riesentod. Ja.« Val setzte sich die Kapuze ihres Bärenfells auf. Der braune Pelz war mit grauen Sprenkelnüberzogen.»Eine Frage noch, bevor ich gehe. Habt Ihr Jarl getötet, Mylord?«

»Die Mauer hat Jarl getötet.«

»Das habe ich auch gehört. Aber ich musste sicher sein.«

»Ihr habt mein Wort. Ich habe ihn nicht getötet.«Obwohl ich es möglicherweise getan hätte, wenn alles anders verlaufen wäre.

»Dann sagen wir einander also Lebewohl«, meinte sie beinahe ausgelassen.

Jon Schnee war nicht in der rechten Stimmung.Es ist zu kalt und zu dunkel für Ausgelassenheit undüberhaupt viel zu spät.»Nur für eine Weile. Ihr werdet zurückkehren. Des Jungen wegen, wenn schon aus keinem anderen Grund.«

»Crasters Sohn?« Val zuckte mit den Schultern.»Ich bin nicht mit ihm verwandt.«

»Ich habe gehört, Ihr singt für ihn.«

»Ich habe für mich gesungen. Kann man mir die Schuld geben, wenn er zuhört?« Ein leises Lächeln huschteüber ihre Lippen.»Es bringt ihn zum Lachen. Oh, na gut. Er ist ein süßes kleines Ungeheuer.«

»Ein Ungeheuer?«

»Sein Milchname. Ich musste ihn irgendwie nennen. Sorgt dafür, dass er in Sicherheit ist und es warm hat. Um seiner Mutter willen und für mich. Und haltet ihn von der Roten Frau fern. Sie weiß, wer er ist. Sie sieht Dinge in ihren Feuern.«

Arya, dachte er und hoffte, es stimmte.»Asche und Kohlen.«

»Könige und Drachen.«

Schon wieder Drachen. Ein