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Acht Jahre zuvor. September 2010. Afghanistan, Provinz Kunduz.
Gott, dieses staubige, elende Land.
Carl hockt zwischen fünf anderen eingezwängt im Mannschaftsraum eines Dingo-Radpanzers und starrt melancholisch durch das gepanzerte Seitenfenster. Zum tiefen Brummen des Motors zieht eine leere, völlig ebene Landschaft vorbei, in der der Staub und der Dunst die Farben schlucken. Eine Wüstenfläche, von Sand und Schotter bedeckt. Dann tauchen plötzlich grüne, von schmalen Kanälen bewässerte Felder auf, auf denen Menschen mit primitiv geschnitzten Holzhacken arbeiten. Auf einem der Feldwege treibt ein Mann in einem langen, weißen Gewand eine magere Kuh. Ein ausgefranster, winddürrer Hund folgt ihm in einigem Abstand. Ab und an ein kleines, ummauertes Gehöft aus fahlbraunem Lehm, mit schmalen, oft scheibenlosen Fensterlöchern.
Eigentlich wie vor zweitausend Jahren.Wenn da nicht die ganzen Schrottkarren wären.
Der Dingo überholt ein paar alte Toyota-Pick-ups und einen klapprigen LKW, der hoch mit knallgrünen Plastikkanistern beladen ist. Im oberen Ausschnitt des kleinen Fensters sieht Carl noch ein Stück des gnadenlos blauen Himmels, in dessen Zentrum eine Sonne brennt, die so nah scheint, dass man meint, die Erde müsse gleich Feuer fangen. Praktisch neun Monate im Jahr glüht sie unerbittlich, ohne Pause, jeden Tag, jede Minute. Kein Tropfen Regen netzt dann die lechzende, ausgedörrte Vegetation.
Carl verlagert etwas seine Position, was der Richtschütze des Dingos, der links neben ihm hockt, mit einem unfreundlichen Grunzen quittiert. Aber Carl fühlt sich unwohl, er fährt ohnehin nicht gern im Panzer, da muss er immer gegen seine Raumangst ankämpfen. Und bei dem Geschaukel wird ihm auch leicht übel. Der Dingo mit seinem hohen Radstand steigt und fällt bei jeder Bodenwelle wie ein Boot in der Dünung. Normalerweise sind er und Ebby mit den anderen Scharfschützen in einem Fuchs-Transportpanzer unterwegs, der etwas ruhiger läuft, aber wegen anstehender Reparaturen gab es einen Engpass an Fahrzeugen. Sie haben sich aufgeteilt, und Carl und Ebby mussten sich zu einer anderen Gruppe von Fallschirmjägern gesellen.
Die Dingo-Crew befindet sich mitten in einem langen Konvoi aus vierundzwanzig meist gepanzerten Fahrzeugen – Dingos, Füchse, Marder und Wölfe – der gerade vom Bundeswehr-Feldlager beim Flughafen von Kunduz in Afghanistan aufgebrochen ist. Eine ganze Kompanie Fallschirmjäger, gut hundertzwanzig Mann. Über die Airport Road rollen sie nach Norden in Richtung der südlichen Vororte der Stadt Kunduz. Da wird man nach Westen abbiegen, um zum Polizeihauptquartier der Provinz Chahar Darreh zu gelangen, dem