: Brigitte Riebe
: Mann im Fleisch Frauenroman
: Gmeiner-Verlag
: 9783734992087
: 1
: CHF 5.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Claus ist ein verdammt attraktiver Dozent, und so schwebt Studentin Susanna im siebten Himmel, als die beiden ein Paar werden. Doch hinter der Fassade des romantischen Ritters steckt etwas ganz anderes, und so landet Susanna äußerst unsanft auf dem Boden der Tatsachen. Nun wird Gleiches mit Gleichem vergolten und auf die heiße Liebe folgt eiskalte Rache.

Brigitte Riebe, geboren 1953, bekannt als Autorin historischer Romane, hat unter dem Pseudonym Nina Geiger Frauenromane mit Esprit, Witz und Tiefgang verfasst, die zeigen, dass die alte Geschichte zwischen Frauen und Männern noch lange nicht auserzählt ist ... Sie lebt mit ihrem Mann in München.

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An dem Tag, als seine Frau durch meinen Briefschlitz schoss, beschloss ich endgültig, die Sache zu beenden. Vorausgegangen war totaler, ununterbrochener Telefonterror. Erst er. Für lange, sehnsuchtsvolle Monate. Dann sie für kurze, schreckliche Stunden.

Niemals hätte ich mir zu Anfang auch nur einen Bruchteil dessen vorstellen können, was schließlich geschah. Ich war ahnungslos wie ein kleines Schaf. Mein dreiundzwanzigster Geburtstag war gerade vorüber, und ich interessierte mich vor allem für Bob Dylan und Roxy Music, Paul Klee, Dichtung der zwanziger Jahre und meine täglich wechselnden Diäten.

Ich lebte in einer Käseglockenwelt, in der es bei rechtem Licht besehen niemand Vernünftigenüber dreißig gab, tausend Euro eine astronomisch hohe Summe waren und tiefgefroreneBihun-Suppen fast täglich auf dem Programm standen.

Natürlich war ich nicht solo. Natürlich hatte ich eine feste Beziehung.

Schon seit fünf Jahren schlief ich – allerdings zunehmend unwilliger – mit meinem Jugendfreund Willi. An meiner Seite durchpflügte er tapfer und anstellig die lustfeindlichen Jahre von Karin Struck, Verena Stefan und Anja Meulenbelt. Je»frauenbewegter« er sich allerdings verhielt, desto langweiliger und unerträglicher wurde der Sex mit ihm.

Längst vorbei die kurzen, heißen Vormittage, an denen ich ihn zum Schuleschwänzen verführt hatte und wir im düsteren Mief seiner elterlichen Erdgeschosswohnung unter dem grellbunten Jimi-Hendrix-Plakat zitternd vor Lust und Unsicherheit zusammen geschlafen hatten.

Immeröfter ersann ich Ausreden, warum wir gerade wieder einmal nicht miteinander ins Bett gehen sollten.

Nur wenn mir weder Kopf- noch Bauchschmerzen einfielen, wenn ich nicht vergessen hatte, den Herd auszuschalten, oder unbedingt noch den Rest des langen Strukturalismuskapitels lesen musste, kam es zum»Letzten«. Nach wenigen pumpenden Versuchen, gemeinerweise von mir durch gezieltes Schenkeldrücken angeheizt, fiel er zuckendüber mir zusammen.

Dabei mochte ich Willi. Sehr sogar.

Als ich ihn mit siebzehn auf einem Schulball getroffen hatte, glaubte ich, niemals zuvor einem besser aussehenden Mann begegnet zu sein. Er war groß und kräftig, mit breiten, muskulösen Schultern, einem schmalen Becken, den langen Schenkeln des ausdauernden Läufers. Und er hatte einen wunderhübschen, festen kleinen Bubenpo.

Braune Locken fielen ihm bis auf die Schultern, und wenn er lachte, kerbten Grübchen unwiderstehlich seine Wangen. Er war intelligent und belesen, und man hätte ihn jederzeit ohne Kompass in der Wildnis aussetzen können. Willi hätte immer nach Hause gefunden.

Was war geschehen? Wo waren die ersten glühenden Nächte im Zelt, in denen wir mit Hingabe und Leidenschaft unsere Körper erkundet hatten, als seien sie unbekannte Landschaften, in denen wir heimisch werden wollten? Die kühlen Morgen, als wir uns am Strand geliebt hatten?

Ich hatte ihn systematisch weichgekocht. Domestiziert. Neutralisiert. Er machte mir weniger Spaß als ein Goldhamster, aber ich war viel zu feige, um die Konsequenzen zu ziehen. In einer komischen Mischung aus scheinbarem Mitleid und unbewusster Angst klebte ich an ihm und verhinderte stets im Ansatz jeden seiner wenigen Versuche, mir zu entkommen.

Ichübte den Ausbruch aus der Beziehung selbstverständlich um einigesöfter. Aber ebenfalls mit kaum sichtbarem Erfolg. Drohte es einmal, ernster zu werden, zog ich rasch die Bremse und machte mir vor, ich würde mir letztlich nur das gleiche in etwas anderer Gestalt wieder einhandeln.

Systematisch redete ich mir ein, Männer würden mich nicht besonders interessieren. Schließlich war ich fest davonüberzeugt: Ich wardie»Naturfeministin« schlechthin. Mein Leben schien mir recht zu geben.

Frauen waren es, mit denen ich alles besprach. Mit ihnen feierte und