: Tana French
: Der Sucher Roman | Eine Geschichte von mächtiger Spannung und Schönheit
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104906898
: 1
: CHF 3.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Überzeugende suggestive Kraft.« FAZ »Unwiderstehlicher Lese-Sog.« Brigitte »Durch ihren Roman ?Der Sucher? bin ich Fan von Tana French geworden.« Devid Striesow Cal Hooper, ehemaliger Cop aus Chicago, hat sich in den Westen von Irland geflüchtet. Die Natur scheint friedlich, im Dorf nimmt man ihn freundlich auf. Da springt sein langjährig trainierter innerer Alarm an: Er wird beobachtet. Immer wieder taucht ein Kind bei ihm auf. Auf den umliegenden Farmen kommen auf seltsame Weise Tiere zu Tode. Cal gerät in eine Suche, die niemanden verschont. Ein beeindruckender, atmosphärischer Roman über Familie, Gemeinschaft, die Natur und die Gefahr, die von den Menschen kommt. Das neue spannende Werk der renommierten Bestseller-Autorin Tana French. »Ein Meisterwerk in seiner eigenen Liga: Diese soghafte Geschichte über vereitelte Träume ist Tana Frenchs bestes Buch bisher.« Washington Post

Tana French schreibt Romane und Kriminalromane von mächtiger Spannung und Schönheit. Die vielfach ausgezeichnete Autorin zeichnet mit ihrer eindrücklichen Sprache ?markante Natur- und Gesellschaftsbilder und schaut tief in die Seelen der Menschen. Ihre Werke stehen weltweit ganz oben auf den Bestsellerlisten. Tana French wuchs in Irland, Italien und Malawi auf, absolvierte eine Schauspielausbildung am Trinity College und arbeitete für Theater, Film und Fernsehen. ?Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im nördlichen Teil von Dublin. 

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Als Cal aus der Hintertür tritt, haben die Krähen gerade Beute gemacht. Sechs von ihnen hüpfen im hohen nassen Gras und dem gelb blühenden Unkraut herum und hacken auf irgendwas ziemlich Kleines ein, das sich noch bewegt.

Cal stellt den Müllsack mit abgerissenen Tapeten ab. Er überlegt, sein Jagdmesser zu holen und die Kreatur von ihrem Leiden zu erlösen, aber die Krähen sind schon sehr viel länger hier als er. Es wäre ziemlich unverschämt von ihm, sich mir nichts, dir nichts in ihre Angelegenheiten zu mischen. Stattdessen lässt er sich neben dem Müllsack auf die bemooste Türstufe sinken.

Er mag die Krähen. Er hat irgendwo gelesen, dass sie verdammt schlau sind, dass sie sich mit Menschen anfreunden, ihnen sogar Geschenke bringen können. Seit mittlerweile drei Monaten versucht er, sich bei ihnen einzuschleimen, indem er ihnen immer mal wieder Essensabfälle auf den großen Baumstumpf hinten im Garten legt. Von ihrer Kolonie in der efeubehangenen Eiche aus beobachten die Vögel, wie er durch das Gras hin und her stapft, und sobald er in sicherer Entfernung ist, stoßen sie herab, zanken sich um die Abfälle und geben krächzende Kommentare ab. Aber sie haben weiterhin ein misstrauisches Auge auf Cal, und sobald er auch nur einen Schritt näher kommt, sind sie weg, flüchten sich zurück in die Eiche, von wo sie ihn verhöhnen und ihm Zweige auf den Kopf werfen. Gestern Nachmittag war er in seinem Wohnzimmer und riss schimmelige Tapeten ab, als eine seidig glänzende, mittelgroße Krähe auf dem Sims des offenen Fensters landete und etwas krächzte, was offensichtlich eine Beleidigung war, um dann lachend davonzuflattern.

Das kleine Etwas auf der Wiese zuckt wild im hohen Gras. Eine fette Krähe hüpft näher heran, landet einen präzisen wilden Stich mit dem Schnabel, und das Etwas erschlafft.

Ein Kaninchen, vielleicht. Cal hat frühmorgens draußen im Tau welche herumflitzen und knabbern sehen. Ihre Baue sind irgendwo auf der Wiese hinter seinem Haus, bei dem dichten Haselnuss- und Ebereschenwäldchen. Wenn er endlich seinen Waffenschein hat, will er rausfinden, ob er sich noch daran erinnert, was sein Grandpa ihm über das Abziehen und Ausnehmen von Wild beigebracht hat, und ob der launische Internetzugang ihm ein Rezept für Kanincheneintopf liefert. Die Krähen drängen sich zusammen, hacken und picken und stemmen die Füße fest auf den Boden, um Fleischbissen herauszureißen. Immer mehr gleiten vom Baum herunter und stürzen sich ins Getümmel.

Cal schaut ihnen eine Weile zu, streckt die Beine aus und lässt eine Schulter kreisen. Die Arbeit am Haus beansprucht Muskeln, von denen er gar nicht mehr wusste, dass er sie hat. Jeden Morgen tut ihm irgendwas anderes weh, wenn auch wohl zum Teil deshalb, weil er auf einer billigen Matratze auf dem Fußboden schläft. Cal ist zu alt und zu schwer für so was, aber es hätte keinen Sinn, bei dem Staub und der Feuchtigkeit und dem Moder gute Möbel aufzustellen. Die wird er sich erst anschaffen, wenn das Haus fertig ist und er herausgefunden hat, wo man sie am besten kauft – für so was war immer Donna zuständig. Mittlerweile stören ihn die schmerzenden Muskeln nicht mehr. Sie erfüllen ihn mit Genugtuung. Zusammen mit den Blasen und der dicken Hornhaut an den Händen sind sie etwas Verlässliches, der mühsam erarbeitete Beleg für das, was jetzt sein Leben ist.

Der lange kühle Septemberabend bricht an, doch durch die dichte Wolkendecke ist keine Spur von einem Sonnenuntergang zu sehen. Der Himmel, in feinen Graustufen gesprenkelt, erstreckt sich unendlich; ebenso die Weiden, je nach Nutzungsart in unterschiedlichen Grünscha