: Michail Bulgakow
: Die weiße Garde Roman
: Luchterhand Literaturverlag
: 9783641099367
: 1
: CHF 7.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Krieg und Frieden in Kiew: Michail Bulgakows erster, autobiografisch gefärbter Roman.

Dezember 1918: In Russland herrscht Bürgerkrieg. Die Truppen des kaiserlichen Deutschland haben weite Teile der Ukraine besetzt. Kiew wird zum Sammelbecken für die 'Weißen': Bankiers, Adlige, Halbweltdamen auf der Flucht vor der 'roten Gefahr'.



Michail Bulgakow wurde am 15. Mai 1891 in Kiew geboren und starb am 10. März 1940 in Moskau. Nach einem Medizinstudium arbeitete er zunächst als Landarzt und zog dann nach Moskau, um sich ganz der Literatur zu widmen. Er gilt als einer der größten russischen Satiriker und hatte zeitlebens unter der stalinistischen Zensur zu leiden. Seine zahlreichen Dramen durften nicht aufgeführt werden, seine bedeutendsten Prosawerke konnten erst nach seinem Tod veröffentlicht werden. Seine Werke liegen im Luchterhand Literaturverlag in der Übersetzung von Thomas und Renate Reschke vor.

2


Es war also ein weißzottiger Dezember. Rasch näherte er sich seiner Mitte. Schon war der Abglanz von Weihnachten auf den verschneiten Straßen zu spüren. Das achtzehnte Jahr würde bald zu Ende sein.

Oberhalb des zweigeschossigen Hauses Nummer dreizehn, das eine ganz seltsame Bauart hatte (die Turbinsche Wohnung lag zur Straße im ersten Stock und zu dem kleinen, zum Haus her abfallenden gemütlichen Hof im Erdgeschoß), in dem Garten, der an einem steilen Berg klebte, hingen die Zweige, vom Schnee gebeugt. Der Berg war verschneit, und die Schuppen im Hof hatten sich in einen riesengroßen Zuckerhut verwandelt. Das Haus hatte eine Generalsmütze aufgesetzt, in der unteren Etage (zur Straße hin Erdgeschoß, zum Hof aber, unter Turbins Veranda, Kellergeschoß) glomm das gelbliche Licht beim Ingenieur, Feigling, Bourgeois und Scheusal Wassili Iwanowitsch Lissowitsch auf, und in der oberen Etage leuchteten hell und lustig die Fenster der Turbins.

In der Dämmerung gingen Alexej und Nikolka in den Schuppen nach Holz.

»Oh, verdammt wenig Holz. Sieh mal, sie haben wieder gestohlen.«

Aus Nikolkas Taschenlampe sprang ein bläulicher Lichtkonus, in dem man sah, daß die Bretterwand von außen abgerissen und flüchtig wieder angenagelt worden war.

»Weiß Gott, ich würde die Halunken gerne abschießen. Setzen wir uns doch heute nacht hier auf Wache! Ich weiß, das sind die Schuhmacher aus Nummer elf. Diese Schurken! Dabei haben sie mehr Holz als wir.«

»Laß sie. Komm, faß an.«

Das rostige Schloß quietschte, Schnee fiel vom Dach auf die Brüder, sie trugen das Holz in die Wohnung. Um neun konnte man die Kacheln schon nicht mehr anfassen.

Der herrliche Ofen hatte auf seinen blendendweißen Kacheln folgende historische Inschriften und Zeichnungen, draufgetuscht zu verschiedenen Zeiten des Jahres achtzehn von Nikolka und erfüllt von tiefem Sinn und Bedeutung:

 

Wenn man dir sagt, die Verbündeten würden uns zu Hilfe eilen, glaube es nicht. Die Verbündeten sind Schurken.

Er sympathisiert mit den Bolschewiken.

 

Eine Zeichnung: Die Fratze von Momus.

Unterschrift:

»Der Ulan Leonid Jurjewitsch.«

 

Schreckliches Gerücht im Lande:
Zieht heran die rote Bande!

 

Eine farbige Zeichnung: Ein schnauzbärtiger Kopf mit einer Papacha, von deren Spitze ein langer blauer Schwanz hängt.

Unterschrift:

»Nieder mit Petljura!«

 

Jelena und die alten zärtlichen Jugendfreunde der Turbins, Myschlajewski, Karausche und Scherwinski, hatten mit Farben, Tusche, Tinte und Kirschsaft geschrieben:

Jelena liebt uns alle sehr,
den einen noch, den andern nicht mehr.

 

Je