1.
Der Weltraum, das Meer aus unendlicher Schwärze und ewiger Stille, stürzte über den Rundsichtschirm der LOTUS in die Zentrale herein.
Der 100-Meter-Kugelraumer – ein Kleiner Kreuzer der terranischen Raumflotte – stand unbeweglich in der Dünung von Zeit und Raum. 4300 Lichtjahre von der Erde entfernt, hing die Kugel wie ein winziges Sternstäubchen zwischen nahen und fernen fremden Sonnen, die mit ihrem punktscharfen Leuchten seit ihrem Bestehen versuchten, gegen die Dunkelheit des Universums anzukämpfen. Ruhig, kalt, wenn auch farbig, war das Punktleuchten, doch selbst die nächste Sonne wuchs über einen scharf gestochenen Punkt nicht hinaus, und ihr Licht spiegelte sich auf der polierten Haut der LOTUS nicht wider.
4300 Lichtjahre tief im intergalaktischen Raum, unbeweglich, wie auf die Ewigkeit wartend, hielt der kleine Kreuzer an seiner Position fest. Der starke Ortungsschutz schloss den tückischen Zufall aus, von einem fremden Raumschiff angepeilt zu werden. Er war die Tarnkappe der LOTUS, hinter der das Leben im Schiff seinen Alltagsweg lief, der aus dem normalen Dienstplan, der Freizeit und dem Schlafen bestand, obwohl sich der terranische Kleine Kreuzer im Machtbereich des Großen Imperiums der Arkoniden aufhielt, dem Sternenreich, das sich im Kugelsternhaufen M 13 konzentriert hatte, dennoch mit seinen Seitenarmen weit in den Raum hinausging und auch das Sonnensystem beherrschte, dem die LOTUS am nächsten stand.
Captain Jim Markus, Kommandant der LOTUS, ein Mann, der wie ein Vierzigjähriger wirkte, etwas gedrungen gebaut war, auffallend weiße Schläfenhaare besaß und sympathische Lachfalten um seine hellen Augen – Jim Markus betrachtete in Gedanken versunken die Stelle auf dem Rundsichtschirm, der ihm das ferne Leuchten der Heperés-Sonne zeigte, die 2,46 Lichtjahre tief im Raum stand.
Die Sonne war ein Stern unter vielen Sternen, der Pol eines Planetensystems, wie es sie zu hundert Millionen innerhalb der Galaxis gibt, aber für Captain Jim Markus war es die Sonne, und noch wichtiger war ihm der zweite Planet, der mit fünf anderen das Muttergestirn umlief, von ihrem Licht lebte und eine lebendige Welt war. Volat nannten Arkoniden und Galaktische Händler diese marsgroße Sternkugel, aber im Gegensatz zum Mars war Volat eine feuchtwarme Welt mit großen Meeren und gewaltigen Urwäldern auf den Kontinenten. Seine Schwerkraft betrug 0,8 g und war damit für Arkoniden und Händler ein durchaus normaler Planet.
Volats Bedeutung lag nicht in der Tatsache, dass Kuklón, die Hauptstadt dieser Welt, einen supermodernen Raumhafen besaß und Umschlagplatz all' der Güter und Waren war, die es zwischen den Sternen zu transportieren gab, sondern im Amtssitz des arkonidischen Administrators, der im Auftrage des regierenden positronischen Riesengehirns in Arkon nach dort entsandt worden war, um mit seiner Person die wiedererstarkte Macht des Großen Imperiums zu demonstrieren.
Auf Volat hielt sich der siebenundzwanzig Jahre alte Ultra-Horcher Ralph Sikeron auf, ein Mann aus Perry Rhodans Mutantenkorps, mit der Aufgabe betraut, die Verhältnisse dort zu studieren und Nachrichten zu sammeln, die eine vollständige Übersicht ergaben.
Rhodan, durch einige unliebsame Überraschungen klüger geworden, hatte Captain Markus nach Absetzen des kosmischen Agenten auf Volat den Befehl mitgegeben, in sicherer Entfernung Warteposition zu beziehen und Ralph Sikeron im Gefahrenfall zu Hilfe zu kommen.
Seit zwölf Tagen stand die LOTUS ohne Fahrt im Raum, 2,46 Lichtjahre von Volat entfernt, und wartete auf Ralph Sikerons Meldungen.
Captain Jim Markus' Blick wanderte vom Bildschirm zur Datumsangabe. Er dachte sich nicht viel dabei, als er las: Standardzeit, 12. Juli 2040. Aber prasselnde Geräusche aus dem Mikro-Lautsprecher des Interkomempfangs alarmierten ihn.
Das war eine einlaufende Sendung!
Nur Sekunden wahrten die Störgeräusche, dann kam ein winzig kurzer Nachrichtenstoß – und dann nichts mehr.
Die Bordpositronik der LOTUS setzte automatisch ein. Der Dechiffriersektor des Rechengehirns schlüsselte den Nachrichtenstoß auf. Von innerlicher Unruhe getrieben, trat Captain Markus vor die Positronik, an den Schlitz, aus dem die Auswertung kommen musste.
Da warf die Rechenanlage auch schon die Folie heraus. Fast gierig griff Markus danach. Zwei Worte enthielt die Meldung, die der Ultra-Horcher Ralph Sikeron vom Planeten Volat der LOTUS zugefunkt hatte: »Dreimal Glockenschlag«.
Captain Jim Markus griff zum Alarmschalter.
Akustik-Alarm, Optik-Alarm, Vibrations-Alarm tobten sich im gleichen Moment in dem Kleinen Kreuzer aus. Die gewaltige positronische Anlage der LOTUS wurde aktiv, tausend Funktionen des Schiffes wurden aus dem Nullstadium wach, sämtliche Konverter gingen auf Höchstleistung, alle Kraftstationen schalteten sich ein. Die Speicherbänke, bis zum Äußersten mit Energie gefüllt, warteten nur auf den Augenblick, ihre Kräfte abzugeben. Über Schnellbänder und Antigravlifte rasten Männer zu ihren Geschützen. Die LOTUS wirkte wie ein aufgeregter Ameisenhaufen, aber diese panikartige Unruhe war ein tausendmal erprobtes Manöver, in dem eins ins andere griff und den Kleinen Kreuzer in Minutenfrist an jeder Stelle voll einsatzfähig machte.
Aus der Funkzentrale k