: Meike Werkmeister
: Das Glück riecht nach Sommer Roman
: Goldmann
: 9783641286446
: 1
: CHF 8.10
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Für das große Glück ist Platz in der kleinsten Laube ...
Die große weite Welt muss es für die Ärztin Ina gar nicht sein. Nach dem Studium zog sie zurück in ihre alte Heimat an der Küste - zurück zu einem Mann, von dem sie dachte, er wäre ihre Zukunft. Doch der Mann ist längst Vergangenheit, und die Stelle im Husumer Krankenhaus ist Ina auch los. Kurzerhand folgt sie einem Jugendtraum und zieht nach Hamburg, wo sie in einer kleinen Laube am Alsterfleet unterschlüpft. Während sich das verwilderte Gartenstück unter ihren Händen in ein Blütenmeer verwandelt, blüht auch Ina wieder auf. Und sie erkennt: Nur, wenn sie auf ihr Herz hört, kann aus alten Träumen etwas ganz Neues entstehen ...

Meike Werkmeister ist Buchautorin und Journalistin. Ihre Romane stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Wann immer sie Zeit hat, fährt sie an die Nordsee, wo sie oft auch die Ideen für ihre Geschichten findet.

1


»Hier bin ich.« Filiz’ Stimme hallte durchs angenehm kühle Treppenhaus. »Du musst nach ganz oben.«

Es fiel kaum Licht auf die ausgetretenen Holzstufen. Wer die wohl schon alles erklommen hatte in den bestimmt hundert Jahren, die das Haus alt war? Ich sah mich nach einem Aufzug um und musste über mich selbst lachen. Natürlich hatte ein so altes Haus keinen Aufzug, es sei denn, es war luxussaniert worden, doch so wirkte es nicht. Immerhin fand ich den leicht klebrigen Lichtschalter. Eine Neonröhre sprang flackernd an und beleuchtete eine Nische voller Kinderwagen und Laufräder unter dem Treppenaufgang. Na, dann los, dachte ich und zerrte den schweren Koffer Stufe für Stufe nach oben, wobei er mir bei jedem Schritt schmerzhaft gegen den Unterschenkel stieß.

»Brauchst du Hilfe beim Tragen?«, hörte ich Filiz, die weit weg klang.

»Geht schon«, rief ich schnaufend durch den länglichen Lichtspalt zwischen den lackierten Holzgeländern nach oben. Beim Hinaufsteigen entdeckte ich überall Sachen, für die mein Vater schnell seinen Akkuschrauber geholt hätte. In jeder Zwischenetage hingen schiefe Bilderrahmen mit Aquarellzeichnungen an wackeligen Nägeln. Ein gekipptes Fenster hatte einen kaputten Griff. Neben einem Schuhregal lehnten die ausgehängten Türen. Was man beim Anblick eines Treppenhauses alles über seine Nachbarn lernen konnte! Vor einer Tür stand ein Eimer mit Bioabfällen, eine Kartoffelschale war auf die Fußmatte gefallen. Aus der Wohnung gegenüber drang leise orientalische Musik. Räucherstäbchenaroma lag in der Luft. Ich erinnerte mich daran, dass Filiz neulich am Telefon geschwärmt hatte, in ihrem Mietshaus wohne eine so interessante Mischung: ältere Leute, die schon in diesem Viertel geboren wurden, junge Familien aus verschiedenen Kulturen und Studenten, die oft nur ein paar Monate blieben, bis sie in eine andereWG weiterzogen.

Im nächsten Stock lehnte eine kleine Puppe an einer Tür. Auf ihren Bauch hatte jemand ein Post-it geklebt. »Lag im Hof. Fines?«, stand etwas krakelig darauf geschrieben.

Gerade als ich mich fragte, wie viele Stockwerke dieses Haus eigentlich besaß, tauchte über mir am Geländer der dunkle Lockenkopf meiner Freundin im Gegenlicht auf. »Ina!« Sie stieß einen kleinen Jubelschrei aus, und ich beschleunigte meine Schritte, hastete mit letzter Kraft die übrigen Stufen hoch und ließ den Koffer auf den Boden plumpsen. »Meine Ina!« Filiz drückte mich fest an ihren sehnigen Körper. Hinter ihr sah ich die offen stehende Wohnungstür, vor der ein Haufen Stiefeletten, Sneakers und Sandalen lag. »Ich freue mich so, dass du da bist!«

»Ich mich auch«, brachte ich keuchend hervor. Ich sollte wirklich anfangen, Sport zu machen.

Filiz löste sich von mir und strahlte mich an. »Komm rein, Süße!«

Von drinnen drangen Stimmen zu uns heraus. Schon im Türrahmen roch ich, dass Zwiebeln angebraten wurden. Filiz schob