: Katharina Peters
: Ufermord Ein Rügen-Krimi
: Aufbau Verlag
: 9783841228451
: Romy Beccare ermittelt
: 2
: CHF 7.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Der geheimnisvolle Tote von Sellin.

Romy Beccare wird an das Ufer des Selliner Sees gerufen, weil man eine männliche Leiche entdeckt hat. Der Tierarzt Michael Bautner wurde dort erstochen. Schnell hat man auch einen Verdächtigen: einen abgeschottet lebenden Mann, dessen Hund Bautner angeblich falsch behandelte und der deshalb starb. Doch Romy kommen Zweifel, die Ermittlungen laufen ihr viel zu glatt. Dann wird bei Bauarbeiten in Sellin das Skelett eines seit fast drei Jahrzehnten vermissten Mannes gefunden, der offenbar kurz vor seinem Verschwinden mit Bautner zu tun hatte ... 

Der neue Rügen-Bestseller von einer der erfolgreichsten Krimi-Autorinnen.



Katharina Peters, Jahrgang 1960, schloss ein Studium in Germanistik und Kunstgeschichte ab. Sie ist passionierte Marathonläuferin, begeistert sich für japanische Kampfkunst und lebt am Rande von Berlin. Aus der Rügen-Serie mit Romy Beccare sind »Hafenmord«, »Dünenmord«, »Klippenmord«, »Bernsteinmord«, »Leuchtturmmord«, »Deichmord«, »Strandmord«, »Fischermord«, »Schiffsmord« und »Ankermord« lieferbar. Aus der Ostsee-Serie sind »Todesstrand«, »Todeshaff«, »Todeswoge«, »Todesklippe«, »Todeswall« und »Todeswelle« lieferbar. Zuletzt erschienen von ihr: »Bornholmer Schatten« und »Bornholmer Falle«. Mehr zur Autorin unter www.katharinapeters.com

1


Romy hatte sich direkt nach dem Jahreswechsel eine heftige Erkältung eingefangen und war entschlossen, sie gründlich auszukurieren, bevor sie sich wieder mit dienstlichen Belangen befasste. Darüber hinaus war es ein guter Zeitpunkt, sich zu erholen – das Bergener Team hatte gerade wenig zu tun, und den üblichen Polizeialltag konnten die Kolleginnen und Kollegen auch ohne Romys Unterstützung meistern.

Sie wurde wach, weil Jan aufstand und unter die Dusche ging, und war kurz davor, wieder einzunicken, als sein Handy zu klingeln begann. Sie drehte sich um und zog die Bettdecke über den Kopf, kurz darauf klingelte ihr Smartphone. Romy warf die Decke beiseite und griff danach. »Ja?«

»Hallo, Romy, ich hoffe, ich störe nicht«, erklärte Simon, Jans langjähriger Assistent im Stralsunder Kommissariat.

»Nun, wenn ich ehrlich bin …«

»Ich weiß, dass du noch krank bist, aber wir erreichen Jan nicht«, fügte er rasch hinzu.

»Er steht unter der Dusche – wie meist um diese Zeit«, erklärte Romy. »Ist es wichtig?«

»Na ja, es gibt eine Leiche, und da du nicht im Dienst bist …«

Romy blinzelte und richtete sich langsam auf. »Wo?«

»Bei euch auf der Insel, am Selliner See. Hafenarbeiter haben den Toten entdeckt, die Kollegen vor Ort haben uns gerade informiert, und ich dachte, Jan könnte vielleicht …«

»Schon verstanden«, warf Romy rasch ein. »Ich kümmere mich sofort darum.« Sie unterbrach die Verbindung und stand auf. Sie fühlte sich ein wenig wackelig auf den Beinen, aber das würde schon bald vergehen – hoffte sie.

Als Jan aus dem Bad kam, stand sie in der Küche und kochte Tee und Kaffee. Er rubbelte sich die Haare trocken und sah sie verblüfft an. »Geht es dir besser?«

Romy lächelte schief. »Wir haben einen Fall. Simon hat gerade versucht, dich zu erreichen.«

Jan ließ das Handtuch sinken.

»Sellin«, fügte sie hinzu. »Ich denke, ich könnte …«

»Du bist noch ganz schön blass um die Nase«, warf Jan ein. »Ich übernehme das natürlich selbst, und du bleibst schön zu Hause und ruhst dich aus.«

»Es geht mir deutlich besser«, betonte Romy. »Und du hast heute eine wichtige Besprechung mit demLKA in Schwerin, wenn ich mich recht erinnere.«

Jan seufzte. »Ja, ich freue mich schon die ganze Woche darauf. Und verschieben lässt sich das nicht.«

»Ich weiß. Also verschaffe ich mir einen groben Überblick in Sellin, leite alles Nötige in die Wege und mache mich anschließend sofort wieder auf den Heimweg, um mich in mein warmes Bett zu kuscheln. Wie klingt das?«

Jan streckte die Hand aus und legte sie auf ihre Stirn. »Kein Fieber mehr?«

Romy lächelte. »Schon gestern nicht mehr. Ich kriege das hin.« Das klang munterer, als sie sich fühlte.

Jan verzog das Gesicht. »Ein neuer Fall weckt sofort deine Lebensgeister. Das lässt ja tief blicken.«

»Könnte man so sagen.«

»Na schön. Machen wir es so, aber wenn du …«

»Es ist eine ebenso fiese wie hundsnormale Erkältung, Jan!«, fiel sie ihm ins Wort. »Nervig, aber nichts, was mich wirklich umhauen könnte.«

Eine Viertelstunde später befand sich Romy auf dem Weg nach Sellin. Sie hatte bereits mit Fine und Max telefoniert. Der junge Kollege hatte seine Erleichterung über Romys Rückkehr in den Dienst kaum unterdrücken können. Max war aus dem Innendienst nicht wegzudenken, kaum ein Fall kam ohne seine tiefschürfende Recherchearbeit aus, und häufig entdeckte er die entscheidenden Querverbindungen. Doch die Aussicht, sein Büro verlassen oder Verdächtige befragen, geschweige denn Kriminelle jagen zu müssen, setzte ihn gewaltig unter Stress.

Romy parkte am Museum Seefahrerhaus und ging hinunter zum Ufer, wo mehrere Behörden- und Polizeifahrzeuge den Zugang zum See versperrten. Den Wagen der Kriminaltechnik konnte sie nicht entdecken, doch Marco Buhl und sein Team würden sicherlich in Kürze eintreffen. Es war kalt und trübe, ein scharfer Wind wehte von der Ostsee herein, Romy zog den Kragen ihrer Jacke hoch. Ein Kollege von der Schutzpolizei nickte ihr zu und hob das Absperrband, damit sie hindurchschlüpfen konnte. Eine Assistentin der Rechtsmedizin hockte vor dem Leichnam auf dem Bootssteg – einem kräftigen Mann in mittleren Jahren, soweit Romy es von Weitem beurteilen konnte. Die Ärztin tippte in ihr Tablet, kontrollierte ein Messgerät, tippte erneut und blickte dann hoch; sie stutzte kurz und winkte Romy dann mit einer energischen Handbewegung heran. »Kommissarin Beccare?«

»Genau die.«

»Man sagte mir, Sie seien krank.«

»War ich auch. Halb so wild. Ich hatte diesen miesen Infekt, der die Hälfte aller Rüganer ein paar Tage umgehauen hat.« Romy fixierte das Namensschild auf dem Overall der Ärztin. Mit Doktor Leonie Brand hatte sie bislang noch nicht zu tun gehabt.

»Nun, auf jeden Fall dürfte es Ihnen deutlich besser gehen als dem Mann hier«, erklärte die Rechtsmedizinerin in lapidarem Ton.

»Das beruhigt mich sehr.«

Die Ärztin wies auf eine Wunde am Hals. »Er ist an einer Stichverletzung gestorben, verblutet, wie es bisher aussieht – wahrscheinlich irgendwann gestern am späten Abend. Angesichts der frostigen Temperaturen kann ich das im Moment noch nicht genauer bestimmen. Die Tatwaffe habe ich nicht entdeckt. Und ob es hier einen Kampf gegeben hat, werden die Kriminaltechniker wohl noch untersuchen, sobald ich hier fertig bin«, fuhr sie nach kurzem Blick in die Runde fort. »Zu Abwehrverletzungen lässt sich auch erst nach eingehender Untersuchung etwas sagen.«

»Haben Sie vielleicht etwas entdeckt, was uns bei der Frage nach der Identität des Opfers weiterhilft?«

»Aber ja.« Die Ärztin griff nach einem Beutel neben der Leiche. »Ausweispapiere, Schlüssel und Handy – befand sich in der Jackentasche.«

Romy nahm ihn an sich. »Danke, Doktor Brand.«

Die Ärztin nickte. »Keine Ursache. Ich melde mich.«

»Grüßen Sie Doktor Moll.«

»Mach ich. Der Chef liegt übrigens mit einer fiesen Erkältung im Bett. Er klang heute Morgen gar nicht gut.«

Romy seufzte. »Richten Sie ihm bitte meine Grüße aus, falls Sie ihn sprechen.«

»Das mache ich gerne.«

Während die Ärztin wieder ihr Tablet bearbeitete, musterte Romy einen Moment das Gesicht des Toten. Es wirkte friedlich. Sie blickte auf den Ausweis. Michael Bautner war Anfang sechzig und lebte weit oben im Norden der Insel, in Wiek. Romy gab die Daten weiter und besprach sich kurz darauf mit Marco Buhl, der gerade mit seinen Leuten eingetroffen war. Wenig später stand fest, dass das Opfer eine Tierarztpraxis in Bergen leitete, verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern war.

Romy lief auf dem Seeweg zurück zu ihrem Wagen und ließ ihre Blicke schweifen. Einfamilienhäuser, Ferienunterkünfte und Pensionen säumten den Uferbereich – hier dürfte zu dieser Jahreszeit und angesichts der trüben Witterung wenig los sein. Dennoch sollten die Anwohner natürlich so schnell wie möglich befragt werden. Vielleicht hatte ein später Spaziergänger etwas beobachtet, was ihnen weiterhalf. Sie schickte Jan eine Nachricht und machte sich nach kurzem Überlegen schließlich auf den Weg nach Wiek.

Jan rief an, als sie hinter Binz am Prora-Komplex entlang in Richtung Norden fuhr. »Bist du auf dem Nachhauseweg?«

»Na ja …«

»Romy?«

»Nicht direkt«, erwiderte sie schließlich. »Jemand muss sofort mit der Witwe sprechen, und auf die Schnelle kann das niemand übernehmen. Ich halte auch nichts davon, die Todesnachricht per Telefon zu überbringen.«

»Darin stimme ich dir sofort zu. Trotzdem … Wir haben doch heute früh besprochen …«

»Ich weiß, Jan. Aber wir können Max nicht losschicken und auch nicht auf Ruth warten. Davon abgesehen – es geht mir ganz gut. Kein Fieber …« Sie fasste kurz nach ihrer Stirn. Erhöhte Temperatur – höchstens.

Jan schwieg einen Moment. »Wir reden später – ich fahre jetzt nach Schwerin. Falls du Unterstützung brauchst, setz dich mit Simon in Verbindung.«

»Mach ich.« Romy legte das Smartphone beiseite und griff nach einem...