1. KAPITEL
Körner warf sich den nassen Mantel über den Arm. Wie ein schneidiger Wolf zog er durch die dritte Etage des Landeskriminalamts. Eisige Kälte. Hier roch es nach Kalk und feuchtem Holz. Das Quietschen seiner Schuhe hallte im Treppenhaus wider. Wie er diesen Weg hasste! Es war wie der Gang zum Scharfrichter – falsch, eswar der Gang zum Scharfrichter.
Die letzten Tage hatten an seinen Nerven gezerrt. Er hatte zu wenig gegessen, zu viel gearbeitet und war abgemagert. Seine Hose flatterte um die Hüften und wurde lediglich durch den eng gezogenen Gürtel gehalten. Daran änderte nicht einmal der schwarze Pullover etwas, den er sich in den Hosenbund gestopft hatte. Um seine ausgemergelte Erscheinung wettzumachen, war er frisch geduscht und rasiert. Er musste einen guten Eindruck machen, bei dem, was auf ihn zukam.
Die große Wanduhr über dem Eingang des Reviers zeigte 8:25 Uhr. Körner war spät dran. Die Kollegen vom Morddezernat hatten die Einsatzbesprechung bestimmt schon hinter sich. Gleich würden sie wie blutrünstige Hyänen über ihn herfallen. Körner nestelte am Sakko, stopfte die Hand in die Hosentasche und stieß die Tür auf. Im Büro roch es nach Kaffee und Zigaretten.
»Da ist er«, flüsterte jemand. Ein Funkgerät knackte. Schwaiger und Kretschmer waren über Schubladen gebeugt und schauten auf, Breitner legte das Schulterholster an, Sedlak schob einen Stapel Akten zusammen. Gleichzeitig hielten sie in der Bewegung inne.
»Na, Körner, hast du deine Glock dabei?«
Verhaltenes Raunen.
»Oder kann man deine Knarre schon am Schwarzmarkt kaufen?«
Witzig! Er ignorierte die Kommentare und ging grußlos zwischen den Schreibtischen hindurch und an den Flipcharts vorbei. Einige Beamte wichen seinem Blick aus, doch andere wie Kretschmer ließen sich keine Gelegenheit entgehen.
»Streckst du neuerdings alle deine Verdächtigen mit einem Handkantenschlag nieder, Körner?«
»Wenn du deinen Partner loswerden willst, steckst du ihn am besten zu Körner ins Team, dort hat er gute Chancen, eine Kugel ins Bein zu bekommen.« Breitner zog den Holstergurt straff. Die Worte klangen veralbernd, doch seine stechenden Augen sprachen eine ganz andere Sprache.
Körner ließ die Hyänen hinter sich und ging auf Jutta Korens Büro zu. Erst als seine Hand auf der Klinke lag, fühlte er den kalten Schweiß seiner Finger. Mit den Beamten des eigenen Reviers auf Kriegsfuß zu stehen war schlimmer, als mit der Dienstmarke auf die Brust geheftet im Zellenblock für Schwerverbrecher zu stecken. Er merkte, wie er die Nerven verlor, dabei hat