: Adrienne Friedlaender
: Ist das verboten oder darf ich das? Eine fröhliche Anregung zum Regelnbrechen
: Blanvalet
: 9783641269791
: 1
: CHF 10.90
:
: Gesellschaft
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Darüber spricht man doch nicht! Das gehört sich aber nicht! Das kannst du doch nicht machen!
Wer kennt sie nicht, diese kleine Stimme im Hinterkopf, die uns immer wieder davon abhält, das zu tun, was wir eigentlich wollen. Weil sich das eben nicht gehört. Warum eigentlich nicht?, fragt sich Adrienne Friedlaender und beginnt fröhlich, die ungeschriebenen Regeln zu brechen, die uns von klein auf eingetrichtert werden. Den Heiratsantrag muss ER machen? Pustekuchen. Die Kollegin nach dem Gehalt fragen? Warum eigentlich nicht? Offen über Probleme mit dem wild gewordenen Teenager oder der Sexunlust sprechen? Gewiss doch.
Auf humorvolle, ehrliche und persönliche Weise erzählt die Autorin von eigenen Regelbrüchen und regt an, selbst welche zu begehen. Denn: Wer die Regeln ab und zu bricht, geht gelassener und glücklicher durchs Leben.

Adrienne Friedlaender, Jahrgang 1962, ist freie Journalistin. Seit mehr als zehn Jahren schreibt sie Porträts, Kurzgeschichten, Interviews und Reisereportagen aus aller Welt für Tageszeitungen, Magazine und Online-Medien. 2017 erschien ihr erstes Buch »Willkommen bei den Friedlaenders!«, mit dem sie die SPIEGEL-Bestsellerliste eroberte. Seitdem widmet sie sich in ihren fröhlichen und lebensklugen Büchern den Themen, die sie ganz persönlich bewegen. Adrienne Friedlaender lebt mit zwei ihrer vier Söhne in Hamburg.

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Das tut man/frau doch nicht!


Freie Bahn im Schwimmbad, Hochzeitsglocken und andere Überraschungen: Wo steht eigentlich geschrieben, dass Frauen den Hardcore-Kraulern ausweichen müssen? Und was passiert, wenn man alle Hollywood-Klischees bricht und um die Hand des Liebsten anhält? Kampfansage an Mr. Rambo, Mutprobe unter Wasser und (m)ein Heiratsantrag 2.0.

Meine Meisterin der Regelbrüche ist Pippi Langstrumpf, die Astrid Lindgren in den Vierzigerjahren zum Leben erweckte. Ob Piraten, Wachtmeister oder Diebe – die neunjährige Pippi kennt keine Angst. Sie ist stärker als jeder Mann, besiegt ihren Vater im Armdrücken und kann sogar ihr Pferd hochheben. Aber Pippi ist nicht nur stark, sondern auch unkonventionell. Sie wohnt allein in der Villa Kunterbunt, schläft mit den Füßen auf dem Kopfkissen. Sie lebt, wie es ihr gefällt, unabhängig davon, was andere denken, und bringt die Welt der Erwachsenen damit ganz schön durcheinander. Sie war und ist meine Heldin. Und vielleicht war sie es sogar, die mich in vielen Lebenssituationen ermutigt hat.

Mein erstes ganz persönliches Pippi-Erlebnis hatte ich kurz nach meinem dreißigsten Geburtstag im Bäderland Blankenese. Zwar gab es hier keine Polizisten, die mich verhaften wollten, dafür aber einen Schwimmbad-Rambo, gegen den es zu kämpfen galt.

Ich bin nicht unbedingt ein Sportgenie, doch beim Schwimmen fällt es mir leicht, richtig Strecke zu machen. Während ich also entspannt Bahn für Bahn die Bewegung im Wasser genoss, beobachtete ich die anderen Badegäste: Kinder tobten neben der abgegrenzten Schwimmerbahn im Wasser, spielten Ball und übten Arschbomben vom Ein-Meter-Turm, Frauen mit Rosenknospen-Badekappen standen im Kreis und schwatzten. Mein meditatives Schwimmen nahm ein jähes Ende, als Mr. Rambo erschien, am Beckenrand Schwimmbrille und Nasenkneifer aufsetzte und sich direkt vor mir ins Wasser warf.

Im letzten Moment gelang es mir, mich am Absperrseil aus der Bahn zu ziehen und vor seinen ausholenden Armbewegungen in Sicherheit zu bringen.

Kraulend durchpflügte er das Becken wie ein Mähdrescher das Maisfeld, ohne beim Auftauchen und Atmen auch nur einmal nach links und rechts zu gucken oder dem Gegenverkehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Dreimal wiederholte sich die Szene, dreimal wich ich dem rücksichtslosen Schwimmer aus, bevor die Pippi in mir zum Leben erwachte. Ich nahm all meinen Mut zusammen, spannte, um den Aufprall abzufangen, mit aller Kraft meine Muskeln an und stellte mich breitbeinig und mit verschränkten Armen mitten in die Bahn. Ein wenig fühlte ich mich wie die Dame auf der Luftmatratze, kurz bevor der weiße Hai zuschnappt. Ich kniff die Augen zusammen und fixierte meinen Gegner, der sich ungebremst näherte. Drei, zwei, eins, klatsch!

Der Triumpf war größer als der Schmerz des Zusammenstoßes. Verblüfft hob der Mann den Kopf aus dem Wasser, sortierte Arme, Beine und den verrutschten Nasenkneifer, strafte mich mit einem vernichtenden Blick und schwamm wortlos weiter. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass eine der Rosenknospen-Damen lachend auf mich zeigte und mir verschwörerisch zublinzelte, eine andere aus der Runde klatschte. Mr. Rambo ließ mich während der nächsten zehn Bahnen nun nicht mehr aus den Augen. Bei jeder Begegnung feuerte er tötende Blicke auf mich ab, die ich im Siegesrausch souverän von mir abprallen lassen konnte.

Ein paar Jahre später erwachte erneut die Pippi in mir, als ich an ganz anderer Stelle Regeln und Konventionen brach.

Vorsichtig, um verräterisches Klirren zu vermeiden, wickelte ich die beiden Sektgläser in eine Serviette, zog