1. Kapitel
April
»Zum achten Mal in Folge auf Platz eins in den Charts istIf I See You AgainvonThe Fallen. Ich spreche bestimmt für jede Frau auf diesem Planeten, wenn ich sage, ich wünschte, dieser Song würde von mir handeln«, tönt die Stimme der DJane aus meinem Autoradio. Bevor der Song beginnen kann, schalte ich das Gerät aus, die Melodie bleibt mir jedoch im Ohr. Und damit jede Textzeile, die ich mir ungewollt eingeprägt habe.
Wenn ich dich wiedersehe, werde ich der Mann sein, den du brauchst.
Wenn du wieder in meinen Armen liegst, verspreche ich, dich nie mehr loszulassen.
So vieles ist ungesagt geblieben.
Ich hätte dir zeigen sollen, was du mir bedeutest.
Jetzt verbringe ich jeden Tag mit einem Riss in meinem Herzen.
Wenn ich dich wiedersehe, werde ich nichts unversucht lassen.
Wenn ich dich wiedersehe, lege ich alle Karten auf den Tisch.
Ich knirsche mit den Zähnen und umklammere das Lenkrad fester. Vier Jahre ist es her, dass ich Cohen Michel das letzte Mal gegenübergestanden habe. Sein dunkles Haar, die kristallblauen Augen und seinen trainierten, tätowierten Körper. Trotzdem fühlt es sich wie gestern an. Es ist längst überfällig, über ihn hinwegzukommen.
Das wärevermutlichlängst passiert, würde er mich weiterziehen lassen. Doch wann immer ich das Radio einschalte, höre ich seine Stimme oder sehe ihn, sobald ich den Fernseher anstelle. Er verfolgt mich. Ich kann nicht einmal mehr in den Lebensmittelladen gehen, ohne auf irgendetwas mit seinem Gesicht drauf zu stoßen. Cohen ist nicht der Richtige für mich. Das weiß ich. Bewusst wurde mir das allerdings erst, als ich mitbekommen habe, wie sich meine Schwestern und Cousinen verliebten. Und zwar in Männer, die mit allen Mitteln um sie gekämpft haben. Durch dieses Wissen fällt es mir jedoch nicht leichter, Cohen zu vergessen.
Ich biege in die Einfahrt meines Stadthauses. Kaum dass ich den Motor abstelle, beginnt mein Handy zu klingeln. Ich stöhne frustriert auf. Hätte ich einen anderen Job, würde ich es ignorieren. Als Immobilienmaklerin könnte allerdings jeder entgangene Anruf eine verpasste Chance auf tausende von Dollar bedeuten.
Vor ein paar Jahren habe ich mein eigenes Unternehmen gegründet und es Stein um Stein aufgebaut. Ich war fertig damit, für andere zu arbeiten. Doch es auf eigene Faust zu probieren, war nicht leicht, schon gar nicht als Frau in einer Branche, die von Männern beherrscht wird. Ich habe schnell gelernt, ein Nein als Antwort nicht gelten zu lassen und jede sich mir bietende Gelegenheit zu nutzen.
Mein Job ist aufregend. Geschäfte einzufädeln und abzuschließen, macht mir Freude, aber es ist auch anstrengend. Ich arbeite sieben Tage die Woche, von morgens bis spätabends, bevor ich ins Bett falle. Nicht, dass ich ein Problem damit habe, hundertzehn Prozent zu geben. Mein voller Einsatz ist wichtig, denn mir schwebt Großes vor. Dennoch gibt es Tage, an denen ich lieber zu Hause bleiben, einen Pyjama anziehen und stundenlang vor dem Fernseher hocken möchte.
Ich greife nach meinem Telefon, und als ich Kentons Namen auf dem Display