Samstag
Kapitel1
Die Zimmertür quietschte immer noch, wenn man sie öffnete. Dad hatte das all die Jahre nicht behoben, und irgendwie gefiel es mir. Jetzt stand er im Türrahmen, in einem Anzug, den ich noch nie an ihm gesehen hatte und in dem er mir fremd vorkam.
Einen langen Augenblick sagten wir beide kein Wort. »Du siehst wunderhübsch aus, Gemma«, brach er schließlich das Schweigen. Seine Stimme war merkwürdig belegt. »Wenn deine Mutter das nur miterlebt hätte.«
Unter dem Geraschel von Tüll und paillettenbestickter Spitze sah ich zu dem Mann, den ich mein ganzes und sein halbes Leben lang geliebt hatte. In dem anthrazitfarbenen Cutaway war Dad fast nicht wiederzuerkennen. Seine Haare, die er sich tags zuvor hatte schneiden lassen, waren so kurz, dass man glauben konnte, er wolle sich nach der Trauung bei der Armee verpflichten. Und seine üblichen grau-schwarzen Bartstoppeln waren einer scharfen Rasierklinge zum Opfer gefallen. Ich erkannte, wo er sich mit unsicherer Hand geschnitten hatte. Die beiden kleinen Wunden waren das einzige bisschen Farbe in seinem ungewöhnlich blassen Gesicht.
»Ach, Dad«, sagte ich und versuchte, all die Kraft zusammenzunehmen, die ich mir für diesen Augenblick aufgespart hatte. Denn ich hatte immer gewusst, dass diese Worte heute ausgesprochen werden würden. Ich war mir bloß nicht sicher gewesen, ob von ihm oder von mir.
Er streckte die schwieligen Hände aus, und ich legte meine hinein und war plötzlich wieder acht Jahre alt und soeben vom Fahrrad gefallen; oder zwölf, und mein Kaninchen war gerade gestorben; oder vierzehn, und der Junge, den ich mochte, hatte ein anderes Mädchen gefragt, ob es mit ihm zum Schulball gehen wollte. In all diesen Momenten war Dad da gewesen – aber immer als Teil eines Teams. Ich begriff, wie schwer er es jetzt hatte, wo er diesen Meilenstein in meinem Leben ohne Mum an seiner Seite miterlebte.
»Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten«, sagte er leise. Das hatte ich schon unzählige Male gehört. Als Teenager hätte ich wahrscheinlich meine grünen Augen verdreht, die wir gemeinsam hatten, und hätte beschlossen, mir die rotbraunen Haare zu färben. Doch jetzt, nachdem wir Mum vor drei Jahren verloren hatten, klammerte ich mich begierig an jede Ähnlichkeit, die uns verband, wie an einen rettenden Strohhalm.
Ich schaute in den Spiegel und hakte mich bei Dad unter, was ich in weniger als einer Stunde erneut tun würde, wenn er mich zum Altar führte. Und zum ersten Mal konnte ich es wirklich erkennen. Ich wirktetatsächlich wie die Frau auf dem Foto im silbernen Bilderrahmen, der im Wohnzimmer hing. Zugegeben, unsere Hochzeitskleider waren völlig verschieden, und sie hatte das Haar in einer komplizierten Hochsteckfrisur getragen, während meines mir in