: Stephen King
: Wind Roman
: Heyne
: 9783641083236
: Der Dunkle Turm
: 1
: CHF 8.10
:
: Erzählende Literatur
: German
: 432
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Sturm zieht auf
Roland Deschain, der letzte Revolvermann, und seine Gefährten haben den Grünen Palast hinter sich gelassen. Als sie auf dem Pfad des Balkens ins Land Donnerschlag unterwegs sind, zieht ein heftiger Sturm herauf, und sie finden Schutz in einer verlassenen Hütte. Dort erzählt Roland seinen Begleitern, was in seiner Jugend geschah, nachdem er unbeabsichtigt seine Mutter umgebracht hatte: Sein Vater schickte ihn zu einer entlegenen Ranch, wo grausame Morde stattfanden. Alle Anzeichen deuteten auf einen Gestaltwandler als Täter hin, und es gab nur einen Zeugen - einen kleinen Jungen, der jetzt seines Lebens nicht mehr sicher war.

Mit Wind legt Stephen King einen achten Roman seines großen Endzeitepos um den Dunklen Turm vor, bei dem es sich nach eigenem Bekunden um sein wichtigstes Werk handelt. Derzeit befindet sich eine Verfilmung des gesamten Zyklus in der Vorproduktion.

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preise, darunter 2003 den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk und 2015 mit dem Edgar Allan Poe Award den bedeutendsten kriminalliterarischen Preis fürMr. Mercedes. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn zudem mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.

Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.

Die Erntezeit war vorbei;der Jägerinnenmond nahm ab, gewann wieder dazu, und die Jägerin spannte ihren Bogen; die ersten Stürme der Weiten Erde heulten aus Westen heran. Und als es schien, als käme er dieses Jahr gar nicht, traf der Steuerbeauftragte der Baronie wie von einem Sturm hergeweht in Tree ein. Dürr wie Gevatter Tod saß er auf seinem großen Rappen. Sein schwerer, schwarzer Mantel umflatterte ihn wie Fledermausflügel. Unter dem breitkrempigen Hut (pechschwarz wie sein Mantel) war sein blasses Gesicht ständig in Bewegung und registrierte hier einen neuen Zaun, dort eine neue Kuh oder sogar drei neue in einer Herde. Die Dorfbewohner würden murren, aber zahlen, und wer nicht zahlen konnte, dem wurde sein Land im Namen Gileads weggenommen. Vielleicht wurde schon in jener goldenen Zeit von einst geflüstert, das sei ungerecht, die Steuer sei zu hoch, Arthur Eld seit Langem tot (falls er jemals gelebt habe) und der Bund längst bezahlt, mit Silber ebenso wie mit Blut. Vielleicht warteten einige schon darauf, dass der Gute Mann auftauchen und sie so stark machen würde, dass sie sagen konnten:Jetzt ist Schluss, genug ist genug, die Welt hat sich weiterbewegt.

Vielleicht, aber nicht in jenem Jahr und noch viele, viele Jahre lang nicht.

Am späten Nachmittag, als dickbäuchige Wolken über den Himmel segelten und die gelben Maisstängel in Nells Garten wie lose Zähne klapperten, lenkte Sai Steuereintreiber seinen großen Rappen zwischen den Torpfosten hindurch, die Big Ross noch selbst gesetzt hatte (wobei Tim zugesehen und auf Aufforderung mit angepackt hatte). Das Pferd schritt langsam und feierlich zur Treppe vor der Haustür. Dort machte es nickend und schnaubend halt. Big Kells stand zwar auf der Veranda, aber er musste den Kopf heben, damit er dem Besucher in das schemenhaft weiß leuchtende Gesicht sehen konnte. Kells hielt seinen Hut an die Brust gedrückt. Sein schütter werdendes schwarzes Haar (mit den ersten grauen Strähnen; er war fast vierzig und würde bald alt sein) wehte um seinen Kopf. Hinter ihm stand Nell mit Tim in der Haustür. Sie hatte dem Jungen einen Arm um die Schultern gelegt und hielt ihn ganz fest umarmt, als befürchtete sie (vielleicht aus mütterlicher Intuition), der Zöllner könnte ihn ihr entführen.

Für eine kurze Weile war außer dem Flattern des Mantels des unerwünschten Besuchers und dem Heulen des Windes, der unter den Dachvorsprüngen ein schauriges Lied sang, kein Laut zu hören. Dann beugte der Steuerbeauftragte der Baronie sich vor und musterte Kells mit großen, schwarzen Augen, die kein einziges Mal blinzelten. Seine Lippen, sah Tim erstaunt, waren rot wie die einer Frau, die sie mit Färberwurz anmalte. Aus den Tiefen seines Mantels zog er nicht etwa ein Verzeichnis aus Schiefertafeln, sondern eine richtige Pergamentrolle. Er zog sie in die Länge, studierte sie, rollte sie wieder ein und verstaute sie schließlich in der Tasche, aus der er sie geholt hatte. Dann sah er wieder Big Kells an, der darauf leicht zusammenfuhr und seine Stiefelspitzen betrachtete.

»Kells, nicht wahr?« Er hatte eine raue, heisere Stimme, von der Tim sofort am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam. Er hatte den Zöllner schon früher einmal gesehen, aber stets nur aus der Ferne; sein Da’ hatte darauf geachtet, dass Tim nicht im Haus war, wenn der Abgesandte der Baronie einmal im Jahr vorbeikam, um die Steuer zu erheb