: Andreas Winkelmann
: Die Karte Hamburg-Thriller
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644003101
: Kerner und Oswald
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der neue Thriller des Bestsellerautors. Er gehört zu deinem Training wie die Schuhe und der Soundtrack: Dein Fitness-Tracker, der deine Laufstrecke online teilt. Jeder weiß, wo du warst - und wieder sein wirst. Doch damit inspirierst du jemanden zu einem ganz besonderen Kunstwerk, den du besser nicht auf dich aufmerksam gemacht hättest. Er trackt deine Initialen in eine digitale Karte. Sein Zeichen, dass du die Nächste sein wirst ... Lauf, so schnell du kannst - es wird dir nichts nützen. Er erwartet dich.

In seiner Kindheit und Jugend verschlang Andreas Winkelmann die unheimlichen Geschichten von John Sinclair und Stephen King. Dabei erwachte in ihm der unbändige Wunsch, selbst zu schreiben und andere Menschen in Angst zu versetzen. Heute zählen seine Thriller zu den härtesten und meistgelesenen im deutschsprachigen Raum. In seinen Büchern gelingt es ihm, seine Leserinnen und Leser von der ersten Zeile an in die Handlung hineinzuziehen, um sie dann, gemeinsam mit seinen Figuren in ein düsteres Labyrinth zu stürzen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Die Geschichten sind stets nah an den Lebenswelten seines Publikums angesiedelt und werden in einer klaren, schnörkellosen Sprache erschreckend realistisch erzählt. Der Ort, an dem sie entstehen, könnte ein Schauplatz aus einem seiner Romane sein: der Dachboden eines vierhundert Jahre alten Hauses am Waldesrand in der Nähe von Bremen.

Kapitel 1


1


Wohin nur mit der Wut?

Dieser heiß brennenden Wut, unter deren Diktatur Lennart Wolff einfach nicht mehr funktionierte wie ein normaler Mensch. Das war schon immer so gewesen. Wenn die Wut ihn packte, fusionierten in der Kernschmelze in seinem Inneren Gedanken und Gefühle und verklumpten sein Blut. Mit Wucht presste sein Herz die breiige Masse weiterhin durch die Adern, aber er spürte, wie die Blutbahnen von innen gegen die Haut drückten, als wollten sie sie sprengen. Und auch er selbst wollte dann einfach nur noch raus aus dieser Haut, die nicht mehr länger seine zu sein schien, sondern die eines Wahnsinnigen.

Lennart Wolff schnappte sich den vollen Plastikbeutel aus dem Mülleimer, der in der Küche zwischen Kühlschrank und Wand stand. Der Müll musste ohnehin noch raus, sonst würde bei dem schwülwarmen Wetter bald die ganze Wohnung danach stinken, und dann wäre der nächste Streit vorprogrammiert.

Dabei hatte er schon jetzt mehr als genug von dieser dauernden Streiterei! Mittlerweile verging keine Woche, in der sie nicht mindestens einmal aneinandergerieten, und auch wenn es nicht jedes Mal so heftig war wie heute, fühlte Lennart sich am Tag danach ausgelaugt und müde und war unkonzentriert.

Sie raubte ihm seine Kraft, diese Wut.

Er litt darunter.

Sogar seine Arbeit litt darunter.

Wie hatte es nur so weit kommen können?

Mit dem nackten Fuß stieß Lennart die Fliegengittertür zur Terrasse auf. Die Rückholfeder quietschte erbärmlich. Das war auch so etwas, was ihm seine Frau seit Wochen vorwarf – noch war er nicht dazu gekommen, sie zu erneuern.

«Wohin gehst du jetzt noch? Haust mal wieder ab, was? Typisch!», keifte Agnes von oben.

Vor ein paar Minuten hatte sie sich ins Schlafzimmer im Obergeschoss zurückgezogen, was ein kluger Schachzug war, denn während des Streits hatte Lennart einen Punkt erreicht, an dem er für nichts mehr die Garantie übernehmen konnte. Vielleicht wäre ihm die Hand ausgerutscht, vielleicht hätte er mit irgendeinem Gegenstand nach ihr geworfen. Es wäre das erste Mal gewesen in den acht Jahren, die sie verheiratet waren.

«Den Scheiß-Müll rausbringen!», brüllte er, bevor die Fliegengittertür mit lautem Scheppern gegen den Türrahmen krachte.

Draußen wie drinnen hatte es in der vergangenen halben Stunde gewittert, und die abziehenden Wolken hinterließen tiefe Schwärze. Der Regen verdampfte auf den von der Hitze des Tages aufgeheizten Straßen und Gehwegen, brütend-dumpfe Regenwaldluft schlug Lennart Wolff entgegen. Sie fühlte sich an wie eine feste Masse, in der all die negative menschliche Energie des vergangenen Tages kumulierte.

Hätte er ohne dieses belastende Wetter gelassener auf Agnes’ Sticheleien reagiert? Wahrscheinlich nicht. Denn wenn seine Frau eines wirklich gut konnte, dann dieses Herumreiten auf Kleinigkeiten. Unablässig stieß sie ihm die Sporen in die Seiten, bis er blutete, ließ nicht locker, trieb ihn vor sich her …

Lennart Wolff trat mit dem Müllbeutel in der Hand in die dampfende Sommernacht hinaus und atmete tief ein und aus. Obwohl sie es nicht war, kam ihm diese Luft klar und rein vor, wie geschaffen, um einen klaren Kopf zu bekommen – und der war bitter nötig. Er musste sich unbedingt wieder in den Griff bekommen und herunterfahren, sonst würde er noch jemanden umbringen.

Da morgen der Abfuhrtermin w