: Jan-A. Bühner
: Jesus und die himmlische Welt Das Motiv der kultischen Mittlung zwischen Himmel und Erde im frühen Judentum und in der von Jesus ausgehenden Christologie
: Narr Francke Attempto
: 9783772001185
: 1
: CHF 70.00
:
: Christentum
: German
: 490
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Studie unternimmt eine religionsgeschichtlich-histor sche Einordnung Jesu in die Entwicklung des Judentums der Zeitenwende, die entscheidend von der Lösung des Judentums vom Tempel in Jerusalem beeinflusst ist. Da nach gemeinsamer jüdischer Anschauung im Tempel der Zugang zum Himmel verwaltet wurde, stellte sich die Frage, wie man auch ohne Tempel den Zugang zum Himmel behalten und gestalten kann. Die Untersuchung unterscheidet drei außerchristlich jüdische Traditionslinien: eine vorrabbinisch-pharisäische, eine kult-apokalyptische und eine charismatisch-praktische. Als vierte Rezeptionslinie kommen Jesu Auftreten und die Formulierung seines Anspruches hinzu. Jesus vollbringt Heilungstaten, die herkömmlich in den Bereich der Aufgaben des Tempelkultes fallen, und erntet dafür den Vorwurf, er habe den Beelzebul. Hier zeigt sich, wie Deutungen als hochpriesterliche Erlösungsgestalt die ältesten Überlieferungen von Jesus prägen.

Dr. Jan-A. Bühner war bis zu seinem Ruhestand Pfarrer, Dekan und Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft in Stuttgart.

A)Hinführung zum Thema


Das historisch und theologisch notwendige Bemühen um eine sachgemäße Verbindung von Altem und Neuem Testament kann sich auf mehrere Rahmengrößen beziehen, die beide Testamente zusammenbinden. In der neueren Theologie hat man dabei vor allem den geschichtsbezogenen Charakter der biblischen Theologie hervorgehoben.1

Die Geschichte Gottes mit seinem Volk ist jedoch nicht der einzige gemeinsame Rahmen für die Theologie beider Testamente, vollzieht sich diese Geschichte doch auf einem sie erst ermöglichenden Grund, nämlich der Welt als Schöpfung Gottes.

Die biblische Betrachtung der Welt als Schöpfung ist vom ersten Buch des Alten bis zum letzten des Neuen Testaments geprägt durch eine Unterscheidung zweier Räume der Schöpfung, des Himmels und der Erde. Dabei ist unübersehbar, dass auch der Himmel Teil der Schöpfung ist;2 ebenso unübersehbar ist die Voraussetzung in beiden Bereichen der biblischen Tradition, dass der himmlische Teil der Schöpfung der Heiligkeit Gottes nähersteht. Die Priestertheologie von Gen 1 macht dies durch die betonte Vorordnung des Himmels deutlich, während die Kultapokalyptik der Johannesoffenbarung aus der Schau der himmlischen Prozesse einen Übergang des himmlischen Lebens um den Thron des Lammes herum in die eschatologische Neuschöpfung von Himmel und Erde ableitet. Der himmlische Teil der Schöpfung hat seit Anbeginn, und auch für die Endzeit, eine gesteigerte Lebensqualität.

Dieser biblischen Schöpfungslehre entspricht es, wenn das Neue Testament die Lehre von Gott, dem Christus und der Erlösung vor dem Hintergrund einer eschatologischen Neuverbindung der getrennten Schöpfungsräume expliziert. So geschieht es schon auf der frühesten Stufe der nachösterlichen Tradition: Mit Phil 2,5-11 zitiert Paulus einen bekenntnisartigen Hymnus.3 Er handelt von Jesus Christus, der aus der Würde einer überhimmlischen Gottgleichheit heraus sich für seinen irdischen Gang der göttlichen Gestalt entäußert hat und nach seinem gehorsamen Weg an das Kreuz nun als Erhöhter den kosmischen Machtnamen besitzt, der ihn zum eschatologischen Herrn der Schöpfung macht.4 Bis in die altkirchliche Lehrbildung hinein – und von ihr aus bis in die Theologie der beginnenden Neuzeit – lässt sich unschwer feststellen, dass eine mehr räumliche als zeitlich-geschichtliche Deutung der Schöpfung den Rahmen für die Darstellung des Heilshandelns Gottes an der Welt gegeben hat. Die biblische Erfassung der Wirklichkeit als Geschichte ist nicht nur ein Relikt nomadischer Väter-Religion, sondern bezieht ihren zukunfts- und zielorientierten Charakter aus der Spannung der zweigeteilten Schöpfung, die hinweist auf eine Neuschöpfung, welche diese Spannung aufheben wird.

Die vorliegende Untersuchung will die Beobachtung historisch und theologisch verständlich machen, dass die Evangelien Jesus aus einer ihm eröffneten Beziehung zur himmlischen Welt verstehen, ja Jesus sich selbst so versteht. Durch Taufe, Verklärung und Passion-Erhöhung ist Jesu irdischer Weg als ein Geschehen gedeutet, welches sich aus dem Himmel heraus vollzieht. Seine Verkündigung und sein vollmächtiges Wunderwirken realisieren die Gegenwart der himmlischen Basileia Gottes. Im Vollzug seines irdisch-geschichtlichen Lebens öffnet sich der der himmlischen Heiligkeit Gottes und der eschatologischen Neuschöpfung nahe Teil der Schöpfung zum irdischen hin. Jesu Gebet eröffnet im Medium kultischer Sprache den Zugang zum Vater ‚im‘5 Himmel. Er realisiert geradezu die erlösende Kraft der Gemeinsamkeit zwischen himmlischer und irdischer Gemeinde in der Doxologie des Schöpfers.6

Trotz breitester biblischer F