: Maren Gottschalk
: Wie schwer ein Menschenleben wiegt Sophie Scholl
: Verlag C.H.Beck
: 9783406768569
: 2
: CHF 15.70
:
: 20. Jahrhundert (bis 1945)
: German
: 353
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
VON UNBESTECHLICHER MENSCHLICHKEIT: DAS LEBEN DER SOPHIE SCHOLL

'Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose lässt Euch keine Ruhe!', hieß es auf einem Flugblatt der kleinen studentischen Widerstandsgruppe in München, zu dessen innerem Kreis neben Alexander Schmorell und Hans Scholl dessen jüngere Schwester Sophie, Christoph Probst, Willi Graf sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber gehörten. Selbst vor Roland Freisler sprach die 21-Jährige im Gerichtssaal unbeirrt aus, was sie dachte: 'Was wir schrieben und sagten, das denken Sie alle ja auch, nur haben Sie nicht den Mut, es auszusprechen.' Postum ist die Studentin, die mit ihren Freunden furchtlos die Stimme erhob gegen das NS-Unrechtsregime und den Vernichtungskrieg, tatsächlich zu einem Gewissen der Deutschen geworden. Heute ist sie weltweit eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte.

Wenige Tage nach Kriegsbeginn schrieb Sophie Scholl an ihren Freund: 'Ich kann es nicht begreifen, daß nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden von anderen Menschen. Ich kann es nie begreifen und ich finde es entsetzlich. Sag nicht, es ist für's Vaterland.' Gestützt auf teils noch unveröffentlichte Selbstzeugnisse schildert Maren Gottschalk das so verheißungsvolle Leben Sophie Scholls, die sich nach anfänglicher Faszination für die Hitlerjugend immer entschiedener gegen den Nationalsozialismus stellt. 1942 geht sie in den aktiven Widerstand. Am 18. Februar 1943 wird sie mit nur 21 Jahren verhaftet, vier Tage später mit dem Fallbeil hingerichtet.


    li>Nicht nur die zur Ikone gewordene Widerstandskämpferin in Schwarzweiß, sondern Sophie Scholl in Farbe: lachend, lebensfroh, naturhungrig
  • Enth lt viele bisher unbekannte Passagen aus ihren Tagebüchern


Maren Gottschalk studierte Geschichte und Politik in München. Sie arbeitet als Journalistin für den Westdeutschen Rundfunk und hat zahlreiche, von der Kritik sehr gelobte Biographien vor allem für ein jüngeres Publikum verfasst, u.a. zu Nelson Mandela, Andy Warhol und Astrid Lindgren. Zehn Jahre nach ihrer viel gerühmten Lebensgeschichte der Sophie Scholl beschäftigt sie sich auf der Basis bisher unveröffentlichter Quellen und Gespräche mit Zeitzeugen noch einmal mit Sophie Scholl.

1.

Stille Rebellion:
Im Reichsarbeitsdienst


Krauchenwies, 27. April 1941. «Heute ist der dritte Sonntag, den ich hier bin. Da ist mir’s so richtig trübselig zumute. Selbst wenn ich es ganz und gar objektiv ansehe, muss ich sagen: hier ist es nicht schön.»[1] Unglücklich schreibt die 19-jährige Sophie Scholl ihrer Freundin Lisa Remppis. Sie ärgert sich, dass ihr Plan, dem sechsmonatigen Reichsarbeitsdienst (RAD) zu entgehen, nicht aufgegangen ist. Aus diesem Grund hatte Sophie nach dem Abitur eine Erzieherinnenausbildung absolviert, denn es hieß, wer einen sozialen Beruf erlerne, würde vomRAD befreit. Aber am Ende ist sie doch gemustert worden, und seit dem 6. April lebt sie im Lager Krauchenwies bei Sigmaringen.

Zum ersten Mal in ihrem Leben ist Sophie Scholl für mehr als ein paar Wochen aus dem vertrauten Zuhause in Ulm, aus dem Kreis von Familie und Freunden herausgerissen. Genau das ist der Plan der Nazis. Sie rekrutieren mit Hilfe desRAD nicht nur billige Arbeitskräfte, sondern sie richten auch ihre Propagandamaschine auf junge Erwachsene, die aus der Hitlerjugend herausgewachsen sind. «Dann kommen sie in den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs oder sieben Monate geschliffen», hatte Adolf Hitler angekündigt.[2]

Sophie Scholl ist 1941 längst eine Gegnerin des NS-Systems. Sie hasst das geistlose Getöse der Politiker ebenso wie die ständige Bevormundung, und sie verabscheut den Krieg, der jetzt schon fast zwei Jahre währt und aus ihrer Sicht nur sinnlose Opfer fordert. In der geschützten Ulmer Nische konnte Sophie den Krieg zwar nicht aus ihren Gedanken ausblenden, zumal ihr Freund Fritz Hartnagel Soldat ist und auch ihr Bruder Hans und eine Reihe von Freunden immer wieder für Monate Kriegsdienst leisten müssen, aber immerhin lebte sie in Ulm unter gleichgesinnten Menschen, die sich für Musik und Literatur interessieren und mit denen sie sich übe