: Gundula Gahlen, Ralf Gnosa, Oliver Janz
: Nerven und Krieg Psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen in Deutschland (1900-1939)
: Campus Verlag
: 9783593445410
: 1
: CHF 42.00
:
: Neuzeit bis 1918
: German
: 428
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
In den deutschen Kriegsdebatten ging es seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts auch um die Frage, welche Belastungen ein zukünftiger Krieg den Nerven der Bevölkerung abverlangen würde. Im Ersten Weltkrieg etablierten sich dann Nervenstärke und Nervenschwäche als häufig benutzte Kampfbegriffe; hinzu kam nun die massenhafte Erfahrung von psychischen Versehrungen und deren Behandlung. Dieser Band lotet das Verhältnis von Nerven und Krieg in der Vor- und Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs erstmals systematisch aus. Er richtet den Blick sowohl auf die zeitgenössischen Nervendiskurse wie auch auf individuelle wie gesellschaftliche psychische Mobilisierungs- und Leidenserfahrungen.

Gundula Gahlen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Medizin an der Charité Berlin. Ralf Gnosa ist als Schriftsteller und Literaturwissenschaftler tätig. Oliver Janz ist Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin.
Vorwort Der vorliegende Sammelband basiert auf der internationalen Tagung »Nerven und Krieg. Psychische Mobilisierungs und Leidenserfahrungen in Deutschland 1900-1933«, die vom 12. bis 13. Oktober 2017 an der Freien Universität Berlin von Gundula Gahlen, Björn Hofmeister, Christoph Nübel und Deniza Petrova konzipiert und organisiert wurde. Die Tagung wurde von der Fritz Thyssen Stiftung, der Middlebury School in Germany, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Freien Universität Berlin finanziell gefördert. Wir bedanken uns sehr für die geleisteten Beihilfen. Daneben gilt unser Dank Bianca Weihrauch und Ali Temel (Freie Universität Berlin), welche den Organisatoren während der Tagung tatkräftig zur Seite standen, sowie Ildikó DietrichWoitge, die das Poster und die Flyer gestaltete. Auch bei der Fertigstellung des Sammelbandes haben wir vielfältige Hilfen erfahren, für die wir uns ganz herzlich bedanken möchten. Die Fritz Thyssen Stiftung gewährte eine großzügige Druckkostenbeihilfe. Brier Hylen Field, Claudia Guillemin, Madeleine LaRue und Lara Wankel (alle Freie Universität Berlin) unterstützten uns versiert beim Lektorat des Manuskripts. Die Zusammenarbeit mit Jürgen Hotz (Campus Verlag Frankfurt a.M.) gestaltete sich effizient, unkompliziert und äußerst angenehm. Unser größter Dank gilt unseren Autorinnen und Autoren, mit denen die Zusammenarbeit eine große Freude war. Berlin, im Frühjahr 2020 Gundula Gahlen Ralf Gnosa Oliver Janz Nerven und Krieg - Einführung Gundula Gahlen, Ralf Gnosa, Oliver Janz Das Thema Nerven hatte in den deutschen Kriegsdebatten seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts einen zentralen Stellenwert. In Politik, Öffentlichkeit, Militär oder Wissenschaft wurde die Frage diskutiert, welche Belastungen ein zukünftiger Krieg den Nerven der deutschen Bevölkerung abverlangen würde. Im Ersten Weltkrieg wurden Nervenstärke und Nervenschwäche dann zu häufig benutzten Kampfbegriffen. Hinzu kam nun die massenhafte Erfahrung von psychischen Versehrungen und Leiden. Und auch nach dem Kriegsende blieb die sozialpolitische Verwaltung und medizinische Behandlung der psychischen Kriegsbeschädigungen ein brisantes Thema. Gleichzeitig erfolgte eine erneute geistige Kriegsmobilisierung in der Weimarer Republik. Im »Dritten Reich« wurden schließlich durch die »Gleichschaltung« des Staates zunehmend alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in diese Entwicklung einbezogen. Trotz seiner hohen zeitgenössischen Präsenz und seines Stellenwerts ist die Erforschung dieses Themenfeldes die Ausnahme geblieben. Eine umfassende Analyse der zeitgenössischen kriegsbezogenen Nervendiskurse in Politik, Gesellschaft, Militär und Wissenschaft, die sowohl ihre Wechselwirkungen als auch ihre praktischen Konsequenzen untersucht, liegt bislang nicht vor. Die Forschung konzentriert sich bislang im Wesentlichen auf die Behandlung und Versorgung traumatisierter Kriegsversehrter. Der vorliegende Band, der auf der 2017 an der Freien Universität Berlin abgehaltenen Tagung »Nerven und Krieg. Psychische Mobilisierungs und Leidenserfahrungen von 1900 bis 1933« beruht, zielt darauf ab, dieses Desiderat zu verkleinern, indem er das Verhältnis von Nerven und Krieg in dieser erstmals systematisch auslotet und hierbei Kontinuitäten und Brüche aufzeigt. Die zentrale These des Bandes lautet, dass Nerven als Chiffre und Konstrukt zu verstehen sind, mit der Politik, Gesellschaft, Militär und Wissenschaft ihre Kriegsdeutungen und Kriegserfahrungen verhandelten. Wir definieren Nerven als Modus einer Selbstbeschreibung, mit der die angesprochenen sozialen Systeme ihr Verständnis vom und ihr Verhältnis zum Krieg bestimmten. Gemeinsamer Fl