: Gerhard Maier
: Was kommt auf uns zu? Biblische Zukunftsperspektiven
: SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
: 9783417229400
: 1
: CHF 10.00
:
: Christentum
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Niemand kann in die Zukunft blicken, doch die Bibel ist das Wort Gottes, des Herrn der Zeiten. Der erfahrene Theologe, Altbischof Prof. Dr. Gerhard Maier, entfaltet biblische Aussagen zur Zukunft der Kirche, der Welt und des Einzelnen. Dabei spricht er auch die Frage nach der Zukunft Israels an. Es ergibt sich eine realistische und zugleich hoffnungsvolle Perspektive, die nicht aus menschlicher Sehnsucht, sondern aus der Bibel abgeleitet ist. 'Der Gedanke an die Ewigkeit ist kein bedrückender Gedanke. Zwar rüttelt er wach. Doch er trägt ein tröstendes Ewigkeitslicht in unser Leben. Das Sterben hat aufgehört. Kein Todesschatten fällt mehr auf diese Ewigkeit.' (Gerhard Maier)

Prof. Dr. Gerhard Maier, Jahrgang 1937, war Rektor im Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen, Prälat in Ulm, von 2001 bis 2005 Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er lebt mit seiner Frau in Tübingen. Veröffentlichungen (Auszug): Das Ende der historisch-kritischen Methode, 1974; Die Johannesoffenbarung und die Kirche, 1981; Biblische Hermeneutik, 1990 (1994). Gerhard Maier ist Mitherausgeber des 'Großen Bibellexikons' sowie für die Auslegungsreihen 'Wuppertaler Studienbibel' und 'Edition C Bibelkommentar' als Herausgeber und auch als Autor mehrerer Kommentarbände verantwortlich.

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Kapitel II:
Die Zukunft der Welt


Die Frage nach dem Morgen bewegt jeden Menschen. Der radikalste Agnostiker, der sie grundsätzlich verweigern will, geht doch am nächsten Morgen zum Arzt, wenn ihn die Schmerzen plagen.

Durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht sich die optimistische Erwartung einer besseren Zeit. Bis heute berühmt ist die vierte Ekloge des jungen Vergil aus dem Anfang der augusteischen Zeit (40 v.Chr.), die mit der Herrschaft des Augustus die Hoffnung auf ein neues herrliches Zeitalter verbindet: »Sieh, wie alles sich freut der goldenen Zeit, die bevorsteht.«59 Fortschrittsoptimismus wurde eines der Kennzeichen der europäischen Aufklärung. Verdichtet hat sie sich in Gotthold Ephraim Lessings programmatischer SchriftDie Erziehung des Menschengeschlechts von 1777.60 Sie lebt von der Überzeugung, dass die Menschheit auf die »höchste[n] (sic!) Stufen der Aufklärung und Reinigkeit« kommen werde (§ 81), dass wir auf »die Zeit der Vollendung« zugehen, »da der Mensch […] das Gute tun wird, weil es das Gute ist« (§ 85). Geradezu seicht sind demgegenüber die Sätze gegenwärtiger Wahlkämpfe, wie das »We can« oder »Wir schaffen das«.

Sehr viel anders redet die Weisheit der Lehrer Israels. Immer wieder mahnen sie zur Zurückhaltung im Urteil. So nach denSprüchen der Väter aus dem 1. Jahrhundert n.Chr.: »Ich […] fand nichts Besseres als das Schweigen.«61 Menschliche Weisheit ist nicht in der Lage, die Zukunft vorauszusagen. So schon der Prediger (Kohelet 8,7): Der Mensch »weiß nicht, was geschehen wird, ja wer will ihm sagen, wie es werden wird?«

Von da aus ist der Schritt nicht mehr weit zu einer pessimistischen Sicht der Dinge. Die Lehrer Israels waren noch gehalten durch ihren Gottesglauben. Aber wenn dieser Gottesglaube schwindet, kommt die Frage, wer oder was noch für eine gute Zukunft bürgt. Kann der Mensch die Last der Verantwortung tragen? Beeindruckend ist hier das Beispiel des Club of Rome. Im Jahr 1972 veröffentlichten Dennis Meadows und andere seinen Forschungsbericht unter dem TitelDie Grenzen des Wachstums.62 Sie gingen aus von »fünf wichtigen Trends«: »der beschleunigten Industrialisierung; dem rapiden Bevölkerungswachstum; der weltweiten Unterernährung; der Ausbeutung der Rohstoffreserven und der Zerstörung des Lebensraumes«.63 Fazit der Untersuchungen: Es wird zu einer »Katastrophe«, einem weltweiten Kollaps kommen, der »nur bei grundsätzlicher Änderung der Wert- und Zielvorstellungen des Einzelnen, der Völker und auf Weltebene« vermieden werden kann.64 Bis heute ist eine solche grundsätzliche Änderung nicht geschehen. Seit meiner Schulzeit ist die Weltbevölkerung von 2,5 auf über 7,5 Milliarden gestiegen. Viele Tierarten sind schon ausgestorben. Bleibt da nur eine pessimistische Weltsicht übrig? Eine solche wird auch durch weitere Faktoren nahegelegt. Dazu gehören die dem Menschen innewohnende Existenzangst und die traumatische Erfahrung, dass sich das Böse immer wieder durchsetzt.

Es ist interessant, dass sich die historisch-kritische Bibelauslegung ein Ende der Welt weithin nur in Form einer »Naturkatastrophe«, eines innerweltlichen Geschehens also, vorstellen kann, nicht aber als Folge eines göttlichen Eingriffs, zum Beispiel durch die Wiederkunft Christi. Wir zitieren drei Beispiele. Im Jahr 1941 hielt Rudolf Bultmann seinen berühmten Vortrag überNeues