Prolog
Du weißt nicht recht, was du mit dem gelben Heliumballon in deiner Hand anfangen sollst, wenn du gerade festgestellt hast, dass deine Frau weg ist.
Zumal auch noch etwas anderes deiner Hände bedarf: der neugeborene Säugling, der in der Ecke des Zimmers in seinem Bettchen liegt und schreit.
Du hältst den Ballon fest.
Du hältst ihn noch fester, als könnte er dich davontragen, höher und höher, weg von all dem hier, was auch immerall das hier ist.
Du spürst eine Enge in der Brust.
Deine Frau. Einfach nicht mehr da.
Von der Wochenstation verschwunden. Einen Tag nach der Geburt eurer gemeinsamen Tochter.
Du stehst da und schaust dich um. Nach deiner Frau. Nach einem Ort, an dem du den Ballon lassen kannst. Nach jemandem, der dir hilft. Nach einer Erklärung dafür, was mit diesem Moment passiert ist, der sich doch eigentlich ganz anders anfühlen sollte, euphorisch und neu, nach Wehmut und Leben.
Immer fester hältst du den Ballon.
Die Schreie des Babys werden lauter.
Deine Brust wird enger.
Du lässt nicht los.
Draußen vor dem Zimmer, in dem du stehst, herrscht das ganz normale Treiben einer Wochenstation, trotzdem kommt es dir so vor, als wärst du von allem abgeschnitten. Du weißt, du solltest jemandem Bescheid sagen, aber dafür müsstest du den Raum verlassen, und du hast vergessen, wie das geht. Vergessen, wie man sich bewegt.
Irgendwo schrillt eine Klingel, und eine erschöpfte Hebamme seufzt, ehe das Geräusch schneller Schritte in praktischen Schuhen aus dem Korridor erklingt.
Endlich fällt dir wieder ein, wie man sich umdreht. Als sie die Tür des Zimmers passiert, öffnest du den Mund. Allerdings bist du unsicher, was du ihr sagen sollst, denn was, wenn du dich irrst? Aber im Grunde weißt du es, nicht wahr? Im Grunde weißt du Bescheid.
Ein anderer Vater kommt vorbei und lächelt dir zu. Seine weichen Adidas-Sneakers tragen ihn so schnell es geht in Richtung seiner Familie, nach der sich sein Herz ab jetzt immer verzehren wird.
Du blickst ihm nach. Er lebt die andere Version deiner Wirklichkeit.
Du hältst dich am Ballon fest.
Als Nächstes wird eine völlig benommene Frau in einem Rollstuhl vorbeigeschoben. Sie hat eine Puppe im Arm. Nein, natürlich ist es ein Baby – aber es sieht aus wie eine Puppe, nicht wahr? Die Frau trägt keinenBH, unter dem offenen Bademantel sieht man ihre nackten Brüste. Sie hat erst vor wenigen Minuten entbunden. So verletzlich, wie man nur sein kann.
Du stehst ganz still da, g