1
Wasser leckte am Salz auf den Wangen des Mannes…
Ein frisches, kühles Rinnsal hatte sich seinen Weg in die Sandkuhle gebahnt, in derER mit dem Gesicht nach unten lag, und weckte allmählichSEINE Lebensgeister. Mit einiger Mühe rappelteER sich auf Hände und Knie auf, erhob sich schwankend und taumelte am Ufer entlang, bisER am Fuße einiger knorriger Kiefern, die den Rand des Strandes säumten, wieder zusammenbrach.
SEIN Mund war trocken und rissig, die Zunge geschwollen. Sand klebteüberall anSEINEN Händen. Der Wind schnitt scharf durch die vollgesogene WolleSEINES Mantels, den das viele Wasser schwarz wirken ließ.ER war barfuß. Langsam lösteER dieÜberreste eines Ledergeschirrs, das umSEINE Taille gebunden war: Die Schnallen und Schließen waren aus solidem Stahl, der noch immer glänzte, doch das Wasser hatte dem Rest schlimm zugesetzt, undER ließ das Zeug achtlos in den Sand fallen. Den Waffengurt behieltER jedoch um. AlsER die Klinge zog, sahER, dass sie aus glänzendem Damaszenerstahl gefertigt war. Das Heft war mit schwarzer Rochenhaut umwickelt, und anstelle der Klingenzwinge prangte der goldene Kopf eines Drachen. Ohne dass beiIHM auch nur die geringste Erinnerung dämmerte, starrteER den Degen an.
ER legte sich die Klingeüber die Knie, lehnte sich gegen einen Baumstamm und dämmerte vor sich hin. VorIHM breitete sich einöder Ozean aus: Das Wasser war von kaltem Blau, der Himmel hellgrau. Dunkle Wolken verschwanden amöstlichen Horizont. Es war, als wäreER soeben hier im Sand neugeboren worden, dennER fühlte sich leer und gottverlassen wie das Ufer vorIHM und konnte in sich keine Spur von Kraft oder eigener Geschichte entdecken; nicht einmal anSEINEN Namen konnteER sich erinnern.
Irgendwann brachteIHN der Durst dazu, sich in Bewegung zu setzen; ansonsten hätte wohl kaum etwas die Macht gehabt,IHN wieder auf die Beine zu treiben. Hinter den wenigen Bäumen entdeckteER eine gut ausgebaute Straße, die allen Anzeichen nach viel genutzt wurde, dennER sah frische Wagenspuren und aufgeworfene Erde. Langsam und mechanisch setzteER einen Fuß vor den anderen, bisER ganz in der Nähe der Straße einen kleinen Bach entdeckte, der in Richtung Meer floss. Hier machteER Halt.ER ließ sich auf alle viere sinken und schöpfte mit der einen Hand Wasser, führte sie zum Mund und trank gierig, bisER allen Salzgeschmack fortgespült hatte, dann ließER das restliche kühle Nass vonSEINEM Gesicht zurück in den Bach tropfen. Am Ufer spross bereits das erste Grün, obwohl der Boden noch kalt war. In der Luft hing der Geruch von Kiefernnadeln, und der Bach schoss gleichmäßig gurgelndüber die Steine– ein Klang, der sich mit dem Meeresrauschen in einiger Entfernung vereinte. Der Wind brachte salzigen Geruch mit sich…
Tief in seinem Innern verspürteER ein quälendes, unbestimmtes Drängen, dasER nicht zu fassen bekam, das aber da war wie eine Last aufSEINEN Schultern. Langsam gabSEIN zitternder Arm, auf denER sich stützte, nach, undER sank an Ort und Stelle ins spärliche Gras und zurück in einen tiefen Dämmerzustand. InSEINEM Kopf dröhnte ein dumpfer Schmerz…
Als die Sonne höher stieg, wärmte sieSEINEN Mantel. Reisende zogen auf der nahe gelegenen Straße vorüber. Vage vernahmER das Klirren von Pferdegeschirren und den Klang von Schritten, hin und wieder auch das Quietschen von Wagenrädern, doch niemand hielt an und kümmerte sich umIHN oder machte Rast am Bachufer. Eine kleine Gruppe von Männern passierteIHN, die fröhlich und laut in einer Sprache sangen, dieER nicht kannte. Schließlich näherte sich eine größere Reisegesellschaft, die vom vertrauten Knarzen einer altmodischen Sänfte begleitet wurde. Irgendwo in einem versteckten WinkelSEINES Geistes stieg das Bild einerälteren Frau auf, die von Bediensteten durch die Straßen– von London?– getragen wurde, doch kaum dassER sich des Bildes bewusst wurde, warIHM klar, dass es nicht hierhergehörte.
Das Knarzen versiegte abrupt, und eine Stimme ertö