: Sarah Lark
: Der Ruf des Kiwis Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838701103
: Die Weiße-Wolke-Saga
: 1
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 826
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Neuseeland, Canterbury Plains 1907: Für Gloria bricht eine Welt zusammen, als sie Kiward Station verlassen muss. Mit ihrer Großcousine Lilian tritt sie die Reise nach England an, wo die beiden jungen Mädchen ein Internat besuchen sollen. Während Lilian sich rasch einlebt, fühlt sich Gloria fremd und ausgeschlossen. Um jeden Preis will sie nach Neuseeland zurück und schmiedet einen verwegenen Plan, der sie in höchste Gefahr bringt. So nimmt das Schicksal seinen Lauf, und einmal mehr zeigt sich, wie tiefe Gefühle die Menschen verzweifeln lassen - oder stark machen.

Spannend und mitreißend schildert Sarah Lark die Geschichte einer neuseeländischen Familie, verwoben mit der Tradition der Maoris.

Der dritte, in sich abgeschlossene Band der Bestsellertrilogie



Sarah Lark, geboren 1958, arbeitete lange Jahre als Reiseleiterin. Ihre Liebe für Neuseeland entdeckte sie schon früh. Seine atemberaubenden Landschaften haben sie seit jeher magisch angezogen. Sarah Lark ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Schriftstellerin. Sie lebt in Spanien und arbeitet zurzeit an ihrem nächsten Roman. Unter dem Autorennamen Ricarda Jordan entführt sie ihre Leserinnen auch ins farbenprächtige Mittelalter (Die Pestärztin).
2(S. 354-355)

Gwyneira McKenzie hatte das Herrenhaus von Kiward Station immer als zu groß empfunden. Schon als sie es gemeinsam mit ihrer Familie bewohnte, hatten viele Räume leer gestanden, dann jahrelang ganze Zimmerfluchten, ehe Kura und William Martyn Gerald Wardens alte Wohnung neu eingerichtet hatten.

Trotz des vielen Raums um sie herum hatte Gwyneira sich jedoch nie richtig einsam gefühlt– bis nach James’ und Charlottes Tod, Jacks Meldung zum Militär und Glorias Verschwinden. So oft es ging, flüchtete sie aus dem leeren Haus in die Ställe und Scherschuppen, aber jetzt war Winter, Juni 1916. Während fastüberall auf der Welt Schlachtenlärm tobte, herrschte auf Kiward Station eine geradezu gespenstische Stille. Draußen fiel der leichte, bindfadenartige Regen, der so typisch für die Canterbury Plains war.

Die Tiere verzogen sich in die Unterstände, und die Farmarbeiter spielten wahrscheinlich in den Ställen Poker– wie damals, als Gwyn den Pferdestall von Kiward Station zum ersten Mal betreten hatte und einen James McKenzie kennen lernte. Andy McArran, Poker Livingston ... Inzwischen war keiner von ihnen mehr am Leben, Andy war seinem Freund James nur wenige Monate nach dessen Tod gefolgt. Gwyneira dachte mit bitterem Lächeln, dass die Runde dann ja wohl wieder beisammen war und ihr Blatt jetzt auf irgendeiner Wolke ausspielte.»Beschummelt ja nicht den heiligen Petrus!«, murmelte sie und strich zum zehnten Mal unruhig durch ihr verlassenes Haus. Sie sorgte sich um Jack– er hatte seit einer Ewigkeit nicht geschrieben, dabei musste er längst fort sein von diesem Strand in der Türkei.

Gallipoli– Gwyneira wusste bis jetzt nicht, wie man es richtig aussprach. Und es war wohl auch nicht mehr nötig, es zu lernen. Nach einer letzten, verzweifelten Offensive hatten die Engländer den Strand aufgegeben. Man hatte die ANZAC-Truppen abgezogen. Geordnet angeblich und praktisch ohne Verluste. Die Zeitungen von Christchurch feierten das wie einen Sieg– dabei war es doch nicht mehr als ein grandioses Scheitern. Und Jack wagte es vermutlich nicht einzugestehen. Gwyneira erschien das die einzige Erklärung für sein Schweigen. Vor allem sorgte sie sich um Gloria.

Es war gut ein Jahr her, dass sie aus dem Hotel in New York verschwunden war, und seitdem hatte niemand von ihr gehört. William und Kura beschäftigten nach wie vor mehrere Privatdetektive, aber bislang gab es keine Spur. Dabei schien Kura eher wütend zu sein, als sich zu sorgen; wahrscheinlich dachte sie an ihren eigenen Ausbruch aus ihrer Ehe und der Sicherheit von Kiward Station, der sie vor Jahren durch Neuseeland und Australien geführt hatte.

Gefahren für Leib und Leben hatte sie da nicht gesehen, und auch Gwyneiras Sorge hatte sich damals in Grenzen gehalten. Zeitweise hatte sie zwar nicht genau gewusst, wo Kura steckte, aber es war immer recht sicher gewesen, dass sie die Südinsel nicht verlassen hatte. Gloria dagegen konnteüberall sein– und ihr fehlte das unerschütterliche Selbstbewusstsein einer Kura-maro-tini. Zudem war San Francisco ein anderes Pflaster als Christchurch. George Greenwood, der die Stadt kannte, bezweifelte, dass Gloria sie je verlassen hatte.