KAPITEL 2
Als ich das erste Mal wieder die Augen öffnete, nachdem ich im Schloss von Fernando Matos bewusstlos zusammengebrochen war, standen Dutzende Geräte und mehrere Bildschirme mit Kurven und Zahlen drauf neben meinem Bett. Es piepste und summte unablässig. Mein Körper war von einem Gewirr aus Schläuchen und Kabeln umgeben. Ich versuchte zu schlucken, aber selbst in der Kehle hatte ich einen Schlauch. Ich hatte Angst, mich zu übergeben. Nebel verschleierte meinen Blick, und ich fühlte Panik in mir aufsteigen. In diesem Moment begann eine der Maschinen durchdringend zu piepsen. Die Tür ging auf, und Massimo stürzte atemlos ins Zimmer, setzte sich neben mein Bett und griff meine Hand. »Liebling«, seine Augen wurden feucht. »Gott sei Dank!«
Massimos Gesicht war müde und eingefallen, und er war viel dünner, als ich ihn in Erinnerung hatte. Er holte tief Luft und streichelte meine Wange. Sein Anblick machte den Schlauch in meiner Kehle sofort vergessen. Tränen liefen mir aus den Augen, und er wischte mir jede einzelne von der Wange. Plötzlich stand eine Krankenschwester im Zimmer und schaltete die unerträglich piepsende Maschine aus, hinter ihr traten mehrere Ärzte ein.
»Herr Torricelli, bitte verlassen Sie für eine Weile das Zimmer. Wir kümmern uns um Ihre Frau«, sagte einer. Als Massimo nicht reagierte, wiederholte er seine Anweisung lauter.
Massimo erhob sich und überragte den Mann nun deutlich. Er setzte die allerfinsterste Miene auf, die man sich nur vorstellen konnte, und presste mit zusammengebissenen Zähnen auf Englisch hervor: »Meine Frau hat gerade zum ersten Mal seit zwei Wochen die Augen geöffnet, und wenn Sie denken, dass ich in diesem Moment das Zimmer verlasse, dann irren Sie sich gewaltig.« Der Arzt winkte bloß ab.
Nachdem mir die Krankenschwestern den Schlauch, der dick war wie ein Staubsaugerrohr, aus der Kehle gezogen hatten, war sogar ich der Meinung, es wäre besser gewesen, Massimo hätte das Zimmer verlassen, damit er mich nicht in diesem Zustand sah. Aber das war nun nicht mehr zu ändern. Schon kurze Zeit später zogen Ärztekarawanen unterschiedlichster Fachrichtungen durch mein Zimmer, und ich ließ unzählige endlose Untersuchungen über mich ergehen.
Nicht eine Sekunde lang wich Massimo von meiner Seite, und die ganze Zeit hielt er meine Hand. Mehrere Male wäre es mir lieber gewesen, er wäre nicht im Zimmer gewesen, doch selbst ich war nicht in der Lage, ihn wegzuschicken oder ihn auch nur dazu zu bewegen, einen Zentimeter zur Seite zu rücken und den Medizinern ein wenig Platz zu machen. Irgendwann ließen die Ärzte uns allein, und ich wollte Massimo fragen, was geschehen war. Doch in dem Bemühen, etwas zu sagen, schnappte ich nur nach Luft und röchelte unverständlich vor mich hin.
»Sag nichts!«, seufzte Massimo und presste meine Hand an seine Lippen. »Bevor du anfängst zu fragen …« Er seufzte und zwinkerte nervös, versuchte, die Tränen zurückzuhalten. »Du hast mich gerettet, Laura«, stöhnte er, und mir wurde heiß. »Es war alles ganz genau so wie in meinen Visionen: Du hast mich gerettet, Liebling. Aber …« Massimo versuchte weiterzusprechen, mehrmals setzte er an, doch er brachte kein Wort heraus. Da erst wurde mir klar, was er meinen könnte. Mit zitternden Händen schob ich die Bettdecke zur Seite. Massimo versuchte, meine Hände festzuhalten, schließlich gab er nach und ließ meine Handgelenke los.
»Luca …«, flüsterte ich tonlos, als ich die Verbände an meinem Körper sah. »Wo ist unser Sohn?«
Meine Stimme war kaum hörbar, und jedes Wort tat mir weh. Ich wollte schreien, aufspringen und diese eine Frage herausschreien, wollte Massimo zwingen, mir endlich die Wahrheit zu sagen. Er erhob sich, griff nach der Bettdecke und zog sie langsam wieder über meinen geschundenen Körper. Seine Augen waren wie tot, und je länger ich ihn anschaute, desto unaufhaltsamer machten sich Erschrecken und Verzweiflung in mir breit.
»Er ist gestorben«, sagte Massimo, atmete tief ein und drehte sich zum Fenster um. »Der Einschuss war zu nah … Er war zu klein … Er hatte keine Chance …« Massimos Stimme brach.
Es gab keine Worte für das, was ich fühlte. Mir war, als hätte mir jemand bei lebendigem Leib das Herz herausgerissen. Die Weinkrämpfe, die im Sekundentakt meinen Körper schüttelten, brachten mich in Atemnot. Ich schloss die Augen und