: Max Bentow
: Die Puppenmacherin Psychothriller
: Page& Turner
: 9783641080594
: Ein Fall für Nils Trojan
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Er sucht Erlösung - sie findet den Tod ...
Als der Berliner Kommissar Nils Trojan an den Schauplatz eines neuen Mordfalles gerufen wird, ist er zutiefst erschüttert von dem Anblick, der sich ihm bietet: Der Täter hatte eine junge Frau in den Keller gelockt und sie dort auf ungeahnte Weise ermordet - ihr Körper ist erstarrt in einem monströsen Sarkophag aus getrocknetem Schaum. Bei seiner Recherche stößt Trojan auf einen älteren Fall, der verblüffende Parallelen aufweist: Damals konnte die Puppenmacherin Josephin Maurer in letzter Sekunde aus einem Keller befreit werden, der Angreifer hatte bereits Spuren seiner makabren Handschrift auf ihrem Körper hinterlassen. Doch der als Täter identifizierte Karl Junker gilt inzwischen als tot - kann es sein, dass jemand ihn kopiert? Oder ist er doch noch am Leben, besessen davon, sein grausames Werk fortzusetzen? Trojan bittet die Psychologin Jana Michels um Hilfe, denn er ahnt, dass der Mörder in einen Wahn verstrickt ist, der sich seiner Vorstellungskraft entzieht - und dass das Töten noch lange kein Ende hat ...

Max Bentow wurde in Berlin geboren. Nach seinem Schauspielstudium war er an verschiedenen Bühnen tätig. Für seine Arbeit als Dramatiker wurde er mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet. Seit seinem Debütroman »Der Federmann« hat sich Max Bentow als einer der erfolgreichsten deutschen Thrillerautoren etabliert, alle seine Bücher waren große SPIEGEL-Bestsellererfolge.

Zwei

Die Sonne stand schon tief, als erüber die Monumentenbrücke radelte. Er mochte den weiten Blicküber die Bahntrasse bis hin zu den Hochhäusern am Potsdamer Platz. Er passierte die Friedhofsmauer,überquerte die Langenscheidtbrücke und wäre beinahe aus Gewohnheit links in die Crellestraße eingebogen, doch Jana Michels hatte ihre alten Praxisräume wegen derÜbergriffe des Federmannes aufgegeben und war in derselben Straße nur einige hundert Meter entfernt fündig geworden. Er fuhr also nach rechts und hielt vor dem Eckhaus an der Kulmerstraße.

Sein Tag im Kommissariat war nicht besonders aufregend gewesen, er hatte wieder auf der Indoorschießbahn trainiert, Breier war immer zufriedener mit ihm, und da erfreulich wenig Aktenkram zu erledigen war, hatte er noch anderthalb Stunden im Fitnessraum verbracht. Sein rechter Arm fühlte sich mittlerweile annähernd so stark an wie vor den schrecklichen Ereignissen im vergangenen Frühjahr.

Und dennoch registrierte er in seinem Innern eine gewisse Unruhe, als stünde Unheil bevor. Während er sein Fahrrad abschloss, fragte er sich, ob die Nervosität nicht auch etwas mit Jana Michels zu tun hatte.

Selbst wenn sie es einen Termin nannte, für ihn war jedes Treffen mit seiner Psychologin wie ein Date.

Sein Herz klopfte heftig, als er auf den Klingelknopf an der Eingangstür drückte.

Nach einer Weile schnarrte der Summer, und er ging­hinein.

Frida König war reif für eine Dusche.

Sie hatte die Tagesschicht im»Brachvogel« hinter sich, bei dem schönen Wetter waren alle Plätze in dem Biergarten besetzt gewesen, und sie war ununterbrochen zwischen den Tischen hin und her geeilt, hatte unzählige Bestellungen aufgenommen und schwere Tabletts getragen.

Sie schloss ihre Wohnung auf, streifte ihre Schuhe ab, ging in die Küche, füllte ein Glas mit Wasser und trank es in einem Zug leer.

Während sie sich in ihrem Schlafzimmer auszog, fiel ihr Blick auf ihr ungemachtes Bett, und sie musste schmunzeln, als sie das Amigurumi darauf hocken sah, die großäugige Puppe mit der Strickmütze, die ihr Tom zu ihrem neunundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Sie dachte an den seltsamen Film mit dem Spinnenwesen von gestern Abend zurück, und wie scheußlich er doch gewesen war, aber die Puppen von dieser Josephin waren schön, sie musste unbedingt mal ihren Laden in der Weserstraße aufsuchen.

Im Bad drehte sie die Dusche auf, stieg in die Wanne und ließ das lauwarme Wasser auf sich herabprasseln.

Sieüberlegte, was sie am Abend unternehmen sollte. Vielleicht eine Verabredung mit Tom, ein bisschen um die Häuser ziehen, die Stadt war im Sommer ein einziger Vergnügungspark. Sie seifte sich ein und summte leise vor sich hin, als es an der Tür klingelte.

Beinahe hätte sie esüberhört, da läutete es beharrlich ein zweites Mal. Sie spülte die Seife ab, drehte die Hähne zu und stieg aus der Wanne. Nur in ein Handtuch gewickelt tappte sie in den Flur und schaute durch den Spion.

Ein Kerl im Blaumann stand im Treppenhaus.

Ein Handwerker, dachte sie, aber um diese Zeit noch? Sollte sieüberhauptöffnen?

Nach dem dritten Läuten traf Frida König eine folgenschwere Entscheidung.

Der Raum, in den sie ihn führte, war etwas kleiner als der alte, aber genauso lichtdurchflutet. Ein hohes Fenster zum Hof, mit Blick in die Wipfel zweier Birken, der Himmel darüber klar und weit. Es war ein Raum, in dem er sich sofort wohlgefühlt hätte, wäre er nicht so aufgeregt gewesen.

Er setzte sich in einen der beiden Ledersessel, während Jana Michels wieüblich an ihrem Schreibtisch Platz nahm und etwas auf ihrem Laptop schrieb, er vermutete einen Eintrag in seine Patientenakte.

Er sah sich um. Es war die gleiche Einrichtung, die Sessel, der kleine Tisch dazwischen, die Box mit den Taschentüchern darauf und die digitale Uhr, die Rückseite zu ihm gewandt.

Sie klappte den Laptop zu, stand auf und strich ihren Rock glatt, alles wie immer. Dann setzte sie sich ihm gegenüber.

Nach einer längeren Pause sagte sie:»Also, vielleicht ist das unsere letzte Sitzung heute.«

Trojan schwieg. Er wusste ihr Lächeln nicht zu deuten. Die letzte Stunde, dachte er. Es war ja nicht einmal eine volle Stunde, gerade mal fünfzig Minuten.

Es war ihm wichtig hierherzukommen. Er wollte es nicht missen, vor ihr zu sitzen, ihr alles erzählen zu dürfen. Er war noch nicht lange bei ihr in Behandlung, aber es half. Andererseits verspürte er auch das dringende Bedürfnis, sie privat zu treffen, doch er wusste, dass Jana die Distanz wahren musste.

Jana. Er durfte sie so nicht nennen. Sie war Frau Michels, und es war ihr Beruf, anderen zu helfen.

Er suchte ihren Blick.

Unter ihren Augen hatten sich dunkle Schatten gebildet. Was hatte sie nur alles durchmachen müssen in letzter Zeit. Er wollte die Hand nach ihr ausstrecken, doch auch das durfte er nicht.

Sie lächelte ihm zu, wartete darauf, dass er zu sprechen begann.

Aber er konnte nicht. In seinem Kopf war Leere.

»Firma Piekowski, guten Abend. Unten im Keller ist ein Rohr geplatzt, direktüber Ihren Sachen.«

Frida stemmte die Hände in die Hüften. Der Kerl im Blaumann hielt den Blick gesenkt. Sieüberlegte, ob sie sein Gesicht schon einmal irgendwo gesehen hatte, a