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Königin Makhi
Makhi Kir-Taban, Himmelsgeborene, war eine Königin, die einer langen Reihe von Königinnen entstammte.
Und alle waren Närrinnen, dachte sie. Ihr Puls beschleunigte sich, während sie die Einladung in ihrer Hand las.Wären sie keine Närrinnen gewesen, wäre ich jetzt nicht in dieser verzwickten Lage.
Zorn zeigte sich nicht in ihrem Gesicht. Das Blut schoss ihr nicht in die glatten Wangen. Sie war eine Königin, und sie benahm sich wie eine – gerader Rücken, aufrechte Haltung, ruhige Miene. Ihre Finger zitterten nicht, obschon sich jeder Muskel in ihrem Körper danach sehnte, das elegant beschriebene Papier zu Staub zu zermalmen.
Zar Nikolai Lantsov, Großherzog von Udova, alleiniger Herrscher der großen Nation Ravka, und Prinzessin Ehri Kir-Taban, Tochter des Himmels, Ätherischste der Taban-Folge, würden sich freuen, Königin Makhi Kir-Taban zu den Hochzeitsfeierlichkeiten in der Zarenkapelle zu Os Alta empfangen zu dürfen.
Die Hochzeit fand in einem Monat statt. Genug Zeit für Makhis Diener, die angemessenen Gewänder und Juwelen einzupacken, ihre königliche Gefolgschaft zusammenzustellen, ihr Aufgebot der Tavgharad einsatzbereit zu machen, die Elitesoldatinnen, die ihre Familie schützten, seit die erste Königin von Taban den Thron bestiegen hatte. Jede Menge Zeit, um die Reise über Land oder in dem neuen luxuriösen Luftschiff zurückzulegen, das ihre Ingenieure konstruiert hatten.
Jede Menge Zeit für eine schlaue Königin, einen Krieg anzufangen.
Doch in diesem Moment musste Makhi für die Minister funktionieren, die in der Ratskammer vor ihr standen. Ihre Mutter war erst einen Monat zuvor gestorben. Die Krone hätte an Makhis Großmutter zurückgegeben werden können, aber Leyti Kir-Taban war fast achtzig und hatte genug von den Mühen, eine Nation zu führen. Sie wollte nur noch ihre Rosen schneiden und sich mit einer Reihe äußerst gut aussehender Liebhaber vergnügen, und so hatte sie Makhi ihren Segen gegeben und sich aufs Land zurückgezogen. Makhi war nur wenige Tage nach der Beisetzung ihrer Mutter gekrönt worden. Ihre Herrschaft war zwar frisch, doch sie würde dafür sorgen, dass sie lange andauerte. Sie würde ein Zeitalter des Wohlstands und Imperiums für ihr Volk einleiten – und das erforderte die Unterstützung der königlichen Minister, die mit erwartungsvollen Mienen zu ihr aufblickten.
»Ich sehe keine persönliche Nachricht von Ehri«, sagte sie und lehnte sich auf dem Thron zurück. Sie legte die Einladung in den Schoß und erlaubte es sich, die A