Einen Steinwurf entfernt das nächtliche, den Geruch von Salz verströmende Mittelmeer, das sich mit leisen Seufzern immer wieder von den Stränden zurückzieht, gleich hinter ihm die Croisette mit den Palmen, Pinien und den von Scheinwerfern angestrahlten Luxushotels. Es ist der einundzwanzigste August. Elias sitzt mit William Retzius vor zwei halb leeren Gin Tonics auf der Terrasse des Hotel Martinez. Die Schwedensaison an der Riviera neigt sich ihrem Ende zu, die französische erreicht gerade den Höhepunkt.
Er zieht das vibrierende Handy aus der Innentasche seines Blazers. Leichter Schwindel erfasst ihn, als er »Jenny« auf dem Display sieht, sein Tarnname für Ylva.
»Geh ruhig dran«, sagt Wille. »Ich muss sowieso aufs Klo.«
Wille zwängt sich zwischen den Tischen hindurch. Elias hält das Handy unschlüssig in der Hand. Wille darf auf keinen Fall mitbekommen, dass Elias mit Ylva spricht.
Elias wohnt im Hotel Martinez in Cannes in einer der kleineren Suiten mit französischem Balkon und einem atemberaubenden Blick auf das Mittelmeer, das an einem windstillen Sommertag eher türkis als azurblau leuchtet. In dem von vornherein zum Scheitern verurteilten Versuch, Massentourismus, verschwenderische Dekadenz und französischen Alltag unter einen Hut zu bringen, läuft die Stadt auf Hochtouren. Er investiert seit zwei Wochen in seine Bekanntschaft mit William Retzius. Wille studiert Jura und stammt aus einer wohlhabenden Stockholmer Familie. Seine Eltern sind Rechtsanwälte, aber nicht so vermögend wie viele Familien in seinem Freundeskreis. Und eben wegen dieser Beziehungen bemüht Elias sich so, Willes Freund zu werden.
Darum hat er bis in die Morgenstunden in exklusiven Clubs wie dem Baolo und dem Gotha abgefeiert, in sauteuren Restaurants gebruncht und sogar einen Wasserskiausflug überstanden, ohne seine Würde zu verlieren.
In diesen Kreisen muss immer wieder aufs Neue die Männlichkeit in Form von Trinkfestigkeit, körperlicher Fitness, Attraktivität und Zahlungsfähigkeit unter Beweis gestellt werden. So kommt es Elias jedenfalls vor, während Wille und seine Freunde vielleicht gar nicht darüber nachdenken, weil diese Dinge für sie einfach dazugehören.
Die nie versiegenden Ströme von Champagner und hochprozentigem Alkohol bereiten ihm in gewisser Weise die größten Schwierigkeiten. Seit der Operation soll Elias nur noch in Maßen trinken, am besten gar nicht. Die operative Entfernung des Tumors hinter seiner Schädelwand liegt jetzt sieben Monate zurück, aber er hat trotzdem keine Lust, sein Gehirn unnötigen chemischen Belastungen auszusetzen. Außerdem muss er sich auf seinen Auftrag konzentrieren. Er sieht sich sicherheitshalber um, bevor er sein Getränk in den großen Topf einer struppigen Palme schüttet.
Er hat Wille vor zwei Wochen in der Strandbar vom Martinez kennengelernt und sich langsam, aber sicher herangetastet, bei jedem