: Kaj Iden, June Is, Gerit Virginia Ariel Gerlach, Helen Faust, Jeannie Marschall, Alessandra Reß
: Judith C. Vogt, Lena Richter, Heike Knopp-Sullivan
: Queer*Welten 09-2022
: Ach je Verlag
: 9783947720965
: 1
: CHF 3.20
:
: Science Fiction, Fantasy
: German
: 106
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Queer*Welten ist ein halbjährlich erscheinendes queerfeministisches Science-Fiction- und Fantasy-Magazin, das sich zum Ziel gesetzt hat, Kurzgeschichten, Gedichte, Illustrationen und Essaybeiträge zu veröffentlichen, die marginalisierte Erfahrungen und die Geschichten Marginalisierter in einem phantastischen Rahmen sichtbar machen. Außerdem beinhaltet es einen Queertalsbericht mit Rezensionen, Lesetipps, Veranstaltungshinweisen und mehr. In dieser Ausgabe: Auf See geblieben von Kaj Iden (Kurzgeschichte) toxArt von June Is (Kurzgeschichte) Vom Kinderkriegen von Gerit Virginia Ariel Gerlach (Kurzgeschichte) Schwache Anziehung von Helen Faust (Kurzgeschichte) Raya'sii: Die Legende von Raya von Jeannie Marschall (Kurzgeschichte) Von Mythpunk bis amazofuturismo: Warum Mikrogenres und Movements die Phantastik facettenreicher machen von Alessandra Reß (Essay) 12 Mini-Fiction Texte zum Thema Queer Merfolk in 9 Sätzen Autor*innen der 9-Satz-Texte: Jonathan Krupitza, Jeannie Marschall, Frank Reiss, kvmw, Anna Zabini, Laura May Strange, Liane Raposa, Emma Hogner, T. B. Persson, Lünn, Chris Balz, Jassi Etter

toxArt

von June Is

Inhaltshinweise

Tod, Blut, Auslöschung von trans Identitäten, Polizei

Tags

Meer(jung)frauen, Unterwasserkunst, magische Gemälde, trans Künstler*innen, magische Ermittlungen

„Das ist es?“ Ich starrte auf das Kunstwerk, das soeben vom Laborassistenten enthüllt wurde.

Kommissar Hendryyknickte. „Diese Harpune hier“, er zeigte mit dem Finger darauf, „hat angeblich bereits drei Betrachtende im Staatenbund Deunelux das Leben gekostet. Laut der letzten Message der Spurensicherung ist die Pfeilspitze aus der Jahrhundertwende, um 1890-1905.

Sie gehen davon aus, dass das zugrunde liegende Bild auch in der Zeit entstand.“ Er blickte zurück zu mir. „Und jetzt kommen Sie ins Spiel, weil irgendein Esoterik-Heini denkt, das Bild sei magisch.“

Ich verkniff mir einen Kommentar, denn ich wusste, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gab, als meinem Kollegen lieb war.Ich glaubte, dass er sich dieser Erkenntnis nur aus Prinzip verweigerte. Aber vielleicht würde er irgendwann zugeben,dass es echte Magie gab. Die Hoffnung blieb. Jetzt musste ich herausfinden, wieso die Kunst, beziehungsweise die Person, von der sie stammte, bestimmte Menschen umbrachte. Langsam trat ich hin und her. Aus welcher Perspektive auch immer ich das Bild betrachtete, es wirkte auf mich eher grotesk als bedrohlich: eine Meerjungfrau mit nacktem, ungeschütztem Oberkörper, die mit einer Harpune direkt aus dem Bild heraus zielte. Sie schaute entschlossen drein. Um sie herum war das Leben im Ozean dargestellt; kleinere Fische umschwärmten sie, im Hintergrund hatte sich ein Kraken in einem Schleppnetz verheddert. Am Boden stand eine Schatztruhe mit einem vierstelligen Kombinationsschloss. Nicht sonderlich originell, wie ich fand.

Der geschuppte Schwanz der Meerjungfrau war über den Rand des Bildes hinaus um die Ecke der Leinwand gemalt. Ich betrachtete die Rückseite genauer und verglich. Irgendwie passte die Farbe hinten nicht zur der vorn, aber das lag möglicherweise daran, dass die Vorderseite stets dem Licht ausgesetzt war.

„Wieso zur Hölle glaubt irgendjemand, dass diese Möchtegernkunst gefährlich ist?“ Hendryyk war in seinem Element, wenn er sich selbst und anderen darlegen konnte, dass etwas absolut und ganz ausgeschlossen war.

Ich arbeitete nicht das erste Mal mit ihm zusammen und kannte das schon.

„Nehmen wir mal an, das Bild ist tatsächlich magisch“, sprach er weiter und schüttelte den Kopf. „Wieso tötet die Meerjungfrau nur manche, die es betrachten, und andere nicht? Das ergibt keinen Sinn!“ Hendryyk ging nun selbst vor dem Bild auf und ab. „Gibt es schon andere Erkenntnisse, Schmitz?“
Ich tippte den Code für die Akte
toxArt, wie der Fall intern hieß, in mein Smartphone und las vor: „Öl auf Leinwand aus Baumwolle, Pinselabdrücke im Gewebe. Ansonsten zeigte eine ers