Aubrey
Ein paar Jahre später ...
Mit einer Tasse Kaffee in der Hand sitze ich auf der Couch in meinem Wohnzimmer und betrachte das Kaminfeuer, dessen Flammen immer kleiner werden. Dann höre ich das Getrappel von Füßen, bevor meine Tochter Lyra in den Raum kommt. Bei ihrem schläfrigen Anblick geht mir das Herz auf. Sie sieht genauso aus wie ich in ihrem Alter, von ihrem dunkelblonden Haar bis zu ihren blaugrünen Augen.
»Hey, Liebes.« Ich stelle meine Tasse auf den Beistelltisch und strecke die Arme nach Lyra aus. Sie klettert auf die Couch und schmiegt sich an meine Brust. Als ich mit den Fingern durch ihr weiches Haar fahre, senkt sie die Lider. Die letzten vier Jahre sind wie im Fluge vergangen. In der einen Minute war ich schwanger, in der nächsten wurde mein Mädchen drei Jahre alt, und morgen ist bereits ihr vierter Geburtstag. Man merkt gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht, bis man selbst Kinder hat und ihnen beim Aufwachsen zusieht.
»Kann ich Pancakes zum Frühstück haben?«, fragt Lyra.
»Heute nicht. Ich habe dir schon Haferbrei gemacht.« Sie quittiert meine Antwort mit einem Schmollmund und ich streichle ihr grinsend über das Gesicht.
»Kann ich morgen Pancakes haben?«
»Da morgen dein Geburtstag ist, darfst du frühstücken, was immer du willst«, sage ich, und sie hebt ihren Blick zu mir.
»Sogar Kuchen?«, entgegnet sie hoffnungsvoll.
Ich lächle. »Lass es mich anders ausdrücken. Morgen Früh darfst du alles essen, was sich für ein Frühstück eignet.«
»Hm, was ist mit Denvers Rührei und deinen Pancakes?«
Bei ihrer Frage erfüllt ein seltsames Gefühl meine Brust. Seit Lyras Geburt ist Denver ein fester Bestandteil unseres Lebens. Ich hatte nicht erwartet, ihn nach Gabes Tod oft zu Gesicht zu bekommen, weshalb es mich überraschte, als er wieder in die Stadt zog. Das war ungefähr zur selben Zeit, als ich von meiner Schwangerschaft erfuhr. Denver scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, für Lyra da zu sein. Und für mich – soweit ich das zulasse.
Ich würde gern behaupten, dass es zwischen ihm und mir nicht seltsam ist, aber das ist es. In den letzten zwei Jahren wuchs die Anspannung zwischen uns weiter an. Zuerst hing es mit unserer Vergangenheit und Gabes Tod zusammen, heute liegt es vor allem daran, dass ich Denver sehr attraktiv finde. Allerdings weiß ich, dass wir keine Zukunft haben.
»Kann ich, Mom?« Lyras leise Stimme holt mich aus meinen Gedanken und ich richte meine Aufmerksamkeit auf sie.
»Tut mir leid, Liebes. Was hast du mich gefragt?«
»Kann ich morgen Denvers Rührei und deine Pancakes frühstücken?«
»Ich weiß nicht, ob Denver Zeit hat.«
»Fragst du ihn?«
»Ich frage ihn«, stimme ich zu und glaube, seine Antwort schon zu kennen. Immerhin scheint es ihm ein tiefes Bedürfnis zu sein,Lyra jeden Wunsch zu erfüllen.
»Okay.« Sie grinst mich an, bevor sie den Kopf wieder an meine Brust legt.
