: Daniel Decker
: Dør: Groteske Bibliothek
: Ach je Verlag
: 9783958694798
: Groteske Bibliothek
: 1
: CHF 4.00
:
: Fantastische Literatur
: German
: 148
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
'Tekeli-li! Tekeli-li!' - Ein schrecklich-grauenhafter ewiger Schrei ist nur der Beginn eine Reise in unbekannte blasphemische Gefilde deren Wahnsinn an H.P. Lovecraft und Edgar Allen Poe gemahnt. Was mit dem Verschwinden einer guten Freundin beginnt deckt im Verlauf ein uraltes Geheimnis auf. 'Die letzte Bewegung ist ein Klang, geschaffen aus Körpern, so wie der Tanz aus Körpern geschaffen wurde. Und sie eröffnen eine neue Welt.'

Seit 2001 veröffentlicht der in Berlin lebende Autor unter dem Namen 'Pawnshop Orchestra' Musik, seit 2010 unter seinem eigenen Namen. Er schrieb für verschiedene Magazine und Webseiten wie Intro, Nillson.de, Jahrgangsgeräusche, Rolling Stone und Musikexpress und betreibt das Blog 'Kotzendes Einhorn'.

NORSK


Wie du weißt, habe ich meine Reise nach Norwegen lange geplant, nachdem ich vor einigen Monaten in einem kleinen Forum für Sammler obskurer Schallplatten auf die Band Dør gestoßen bin und sofort fasziniert von ihr[JE1] war. Ich begann, die Musik und alten Geschichten zu studieren, die ich in Heften mit Titeln wie ‘Kveld’ oder ‘De Store Gamla’ fand. Dør waren nicht das weichgespülte, mit faschistoidem Mummenschanz angereicherte Zeug, das Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts durch die brennenden Kirchen Norwegens in die Welt hinaus getragen wurde. Ich machte mich auf die Suche nach altem Wissen.

Zwischen 1966 und 1968 veröffentlichte das Kollektiv, bestehend aus wohl bis zu 20 Mitgliedern, sechs Alben mit bis dato unerhörter Musik. Nahezu jedes dieser Alben war meiner Meinung nach genredefinierend, wenn man sie überhaupt einem solchen zuordnen konnte. Ein jedes erschien ohne Label in einer Auflage von jeweils 333 Stück und war dementsprechend schwer zu bekommen. Dennoch konnte ich bereits fünf Alben mein eigen nennen, aber die letzte Veröffentlichung fehlte mir. Ich suchte diese eine Platte.

Es hieß, sie sei nie erschienen, da die Band bei den Aufnahmen ums Leben kam. In ihrem abgelegenen Studio sei ein Feuer ausgebrochen, bei dem alle Band-Mitglieder starben. Doch ich hatte mittlerweile in Erfahrung gebracht, dass dies nur die Hälfte der Wahrheit war.

Auch ohne offiziellen Release gab es die Platte. Und es war genau genommen kein Unfall gewesen: Die Musiker hatten sich mit Benzin übergossen und sich selbst in Brand gesetzt. Die dabei entstandenen Aufnahmen dokumentierten ihren Todeskampf und machten die Agonie zum Bestandteil ihres letzten Werkes. Und ja, in großer Auflage wurde die Platte nie gepresst, aber ihr Manager ließ einige Acetate herstellen, bevor die Hinterbliebenen der Band ihn an einer Veröffentlichung hinderten und das Werk wie auch die Band mit den Jahren in Vergessenheit geriet.

 

Dank eines Tipps im Plattensammler-Forum von einem Nutzer namens »SaladinSennkern«, mit dem ich mich öfter über Dør austauschte, war ich nun also in Knarvik angekommen. Einer knapp 50.000 Einwohner zählenden Stadt in der Provinz Hordaland, nicht unweit von Bergen. Sennkern hatte mir in einer privaten Nachricht geschrieben, ich könne die gesuchte Platte hier finden. Also betrat ich vor wenigen Tagen den kleinen Plattenladen in der Kvernhusmyrane, von dem mir Sennkern berichtet hatte. Mit zittrigen Fingern blätterte ich in dem Fach, über dem ‘Norsk’ geschrieben stand. Und da war sie, mein Herz pochte. Vorsichtig zog ich die vergilbte handbeschriftete Hülle heraus. ‘Den sjette nøkkelen’ - ich hatte nicht mehr daran geglaubt, sie in meinen Händen zu halten. Zu viel an der Geschichte von Dør klang erdacht und ersponnen. Die Erzählungen von diesem losen Kollektiv, Schüler von Gurdjieff, die qualvolle Melodien und unheimliche Klänge ausarbeiteten und in orgiastischen Shows präsentierten. Niklas Andersen, Kopf des Kollektivs, soll gar zu den Suchern der Wahrheit gehört haben, dem sagenumwobenen Zirkel um Gurdjieff, der Ende des 19. Jahrhunderts die Welt bereiste, um geheimes Wissen zu studieren un