Kapitel 2
Juni 1996
17 Uhr
Ihr Hinterteil tat weh.
Lynn Nelson unterdrückte ein Stöhnen und rieb sich die schmerzende Stelle mit beiden Händen. Nicht, daß die improvisierte Massage ihr sehr geholfen hätte. Der Schmerz ließ nicht nach.
Als Lynn merkte, wie komisch ihre Tätigkeit wirken mußte, ließ sie die Hände sinken, wobei sie verlegen um sich blickte, um festzustellen, ob irgendjemand sie beobachtete.
Ihre Mitreisenden – eine Gruppe von zwanzig 14- und 15-jährigen Mädchen, zwei Lehrern und zwei weiteren aufsichtführenden Müttern wie sie selbst – schienen allesamt fröhlich mit dem Aufbau des Nachtlagers beschäftigt zu sein. Keine Beobachter in Sicht. Und auch kein weiterer Hinternreiber.
Hatten sie alle Hinterteile aus Stahl?
Offensichtlich. Niemand sonst schien herumzulaufen, als ob ihm ein Maiskolben an der Stelle säße, wo die Sonne nie hinscheint. Keiner außer ihr, der auch nur hinkte.
»Haben Sie schon herausgefunden, was ihn gestört hat?« Der Sprecher war ein drahtiger Pony-Cowboy Mitte Zwanzig, dessen Name, so glaubte Lynn, Tim war. In Jeans und Stiefeln, den Cowboyhut tief über seine kurzen blonden Locken gezogen, sah Tim hundertprozentig so aus, als sei er im Freien auf der Weide zu Hause. Was – darauf war Lynn schon gekommen – wohl auch beabsichtigt war.
»Noch nicht.« Lynn blickte voller Abscheu den Grund ihres Elends an, ein zottiges Gebirgspony namens Hero. Dann nahm sie den Metallstab wieder vom Boden auf, wohin sie ihn vor kurzem gelegt hatte, als sie sich für ein dringenderes Bedürfnis zurückgezogen hatte. Sie packte das Tier am Vorderbein, wie Tim es ihr gezeigt hatte, und versuchte einen schlammigen Huf vom Boden hochzuzerren.
Ihr sicherlich tausend Kilo schweres, schweißtriefendes, stinkendes Pferd lehnte sich freundschaftlich gegen sie. Sein Atem, der nach verfaultem Gras roch, strich heftig an ihrer Wange entlang.
Igitt. Lynn wußte, warum sie Pferde haßte.
»Laß mich, du«, murmelte sie, drückte das Tier mit der Schulter fort und wurde mit einem sanften Stüber belohnt.
Obwohl sie mit aller Kraft zog, bewegte sich der Huf keinen Zentimeter.
»Hier.« Grinsend kam Tim ihr zu Hilfe, nahm ohne die geringste Mühe den Huf auf und reichte ihn ihr.
»Danke.« Lynn konnte es nicht ändern, daß sie sauer klang. Sie fühlte sich sauer – und wund.
Fast bis zum Boden gebeugt, hielt sie ein haariges, schmutziges Tierbein hoch und stieß wieder ihren Stab in den schlammverkrusteten Huf, der zwischen ihren Knien steckte.
Hero lehnte sich gegen sie. Lynn erwog Pferdemord.
»Stoßen Sie noch etwas tiefer hinein, i