Abgesehen von den Schwarzpappeln und Weiden, die sich in langen Reihen links und rechts des South Platte River dahinzogen, zeichnete sich die Gegend rund um Thompsonville vor allem durch Ödnis und Verlassenheit aus. Bis auf ein riesiges Getreidefeld war das Land in diesem Teil Colorados, das nach Westen hin sanft abfiel, von goldbraunem Büffelgras bedeckt. Über der Stadt ballte sich der sonst wolkenlose blaue Himmel zu einem grauen Gewitterwirbel zusammen, um dann ebenso unvermittelt zu unheilschwangerer Ruhe zurückzukehren. Das verwitterte, rissige Asphaltband des Highway 53 erstreckte sich im Norden wie im Süden bis zum Horizont, parallel dazu fanden sich vereinzelt Spuren von Leben, soweit es das im östlichen Colorado überhaupt gab: Eisenbahngleise, Telefonmasten, Futtersilos, Reifenfriedhöfe. Hier und da lag, etwas vom Highway zurückversetzt, auch eine Milchfarm oder eine Pferderanch. Das war alles.
Etwa fünf Kilometer östlich vonThompsonville stand ein gemauertes Versammlungshaus für die Landbevölkerung. Obwohl es schon lange nicht mehr genutzt wurde, hing noch ein schmutziges Schild daran: »Liberty Hall: der Gemeinschaft zu Diensten«. So als würde er auf eine Dorffeier warten, die nie stattfände, parkte an diesem Abend ein ramponierterLincoln Continental mit Sprung in der Windschutzscheibe und platten Reifen vor dem Haus. Gleich dahinter stand eine Gruppe windzerzauster kahler Schwarzpappeln, und hinter diesen ein heruntergekommenes Farmhaus, dessen ursprünglich weißer Anstrich sich dort, wo er nicht abgeblättert war, ins Bräunliche verfärbt hatte. Die Fenster waren vernagelt, die Veranda hing durch, als sinke sie ins Grab, und die struppige Rasenfläche davor war mit Autoteilen und Bierdosen übersät. Die kühle Abendbrise hatte die am Haus hängende Gadsen-Flagge mit der Klapperschlange in Drohhaltung und der WarnungDon't Tread on Me, aufgeschreckt und ließ sie flattern. Das Verandalicht flackerte.
Im Haus sah es nicht viel besser aus. In einer Wohnzimmerecke stand ein kleiner Fernseher, die Antenne locker mit Alufolie umwickelt. Es liefThe A-Team, aber niemand war da, um es zu sehen. Die einzigen Möbelstücke waren ein Holzstuhl und eine Whiskeykiste, die als Behelfstisch diente. Auf der Kiste lagen ungeöffnete Briefe, das Foto eines Mädchens mit Zöpfen und ein Taschenmesser. Ein schmaler Gang führte in die Küche, der schmutzige Dielenboden warf sich auf. In der Küchenmitte stand ein runder Metalltisch, darauf ein Päckchen Salem und ein Aschenbecher mit mehreren ausgedrückten Zigaretten sowie eine fast leere FlascheOld Crow und ein Saftglas mit einem kleinen Rest Whiskey.
Um den Tisch standen drei Klappstühle, und auf einem saß ein Mann Anfang dreißig, der Schädel kahlrasiert, der Mund verkniffen. Sein weißes T-Shirt war für den breiten Brustkorb zu klein. Beide Arme waren voller Tätowierungen, die bereits verblassten. Am auffälligsten war die Tätowierung an seinem Hals: eine Rose, von deren Blütenblättern Blut tropfte. Er nahm das Zigarettenpäckchen, zog eine krumme Salem heraus, steckte sie sich in den Mund und zündete sie mit einem Feuerzeug an. Er kniff die Augen zusammen, aus seinen Nasenlöchern troff Rauch. Die nächsten paar Minuten bewegte er sich kaum. Nur ab und zu hob er eine schwielige Hand zum Mund, um an der Zigarette zu ziehen.
Die Zigarette war fast bis zum Filter heruntergebrannt, als der Kopf des Mannes nach rechts herumfuhr und ein Auge zu zucken begann. Aus dem Wohnzimmer drangen Gerä